Landkreis Emsland

Bund und Land steigen bei Meyer Werft ein

Papenburg – Die Vereinbarungen sind unterschrieben und damit der Weg in wieder sicheres Fahrwasser geebnet: Der Bund und das Land Niedersachsen steigen bei der angeschlagenen Meyer Werft in Papenburg ein und übernehmen gemeinsam rund 80 Prozent der Anteile des Unternehmens und investieren dazu 400 Millionen Euro. Damit wollen sie die wirtschaftliche Zukunft der Werft sichern.

Bund und Land Niedersachsen übernehmen rund 80 Prozent der Anteile an der Meyer Werft und wollen damit die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens in Papenburg sichern. Foto: Meyer Werft

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Zusätzlich planen Bund und Land, Bürgschaften – wie in anderen Industrien und europaweit im Kreuzfahrtschiffbau üblich sind – in Höhe von jeweils etwa einer Milliarde Euro zur Finanzierung der bestehenden festen Aufträge zu gewähren, um die Meyer Werft zu stabilisieren und den laufenden Betrieb sowie die zukünftigen Projekte zu gewährleisten. Alle notwendigen Vereinbarungen mit Land, Bund und Banken seien getroffen, wie die Meyer Werft mitteilte.

Die Refinanzierung ermögliche, die Arbeitsplätze bei der Meyer Werft und in ihrem Zuliefernetzwerk zu sichern, heißt es. Neben den mehr als 3.000 direkt Beschäftigten der Werft seien Tausende weitere Arbeitsplätze in der Region durch Zulieferbetriebe und Dienstleister unmittelbar mit der Zukunft der Werft verbunden. Insgesamt hängt laut unabhängigen Gutachtern die Existenz von mehr als 20.000 Arbeitsplätzen in Deutschland direkt und indirekt vom Fortbestand der Werft ab. Weiterhin gilt aber: Rund 340 Arbeitsplätze sollen im Zuge der Refinanzierung abgebaut werden, etwa 100 befristete Arbeitsverträge nicht verlängert werden, wie die Meyer Werft bereits im Mai dieses Jahres bestätigte. 

Rückkehr in private Hände angestrebt 

Die Anteilsübernahme durch Bund und Land Niedersachsen soll allerdings „nicht auf Dauer ausgerichtet“ sein, wie das Unternehmen mitteilte. Vielmehr verfolgen alle Beteiligten das Ziel, die Meyer Werft langfristig wieder in private Hände zu überführen. Ein entsprechendes Rückkaufrecht sei der Eigentümerfamilie Meyer eingeräumt worden.

„Unser Ziel ist es, die Meyer Werft und damit seine Mitarbeitenden in eine erfolgreiche und gesicherte Zukunft zu führen. Wir glauben fest daran, dass unser Unternehmen mit seiner innovativen Technologie und seinem engagierten Team eine Zukunft hat“, betont Bernd Eikens, CEO der Meyer Werft. „Wir sind zuversichtlich, gemeinsam gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen und unsere Position als eines der führenden Unternehmen im internationalen Schiffbau zu behaupten. Wir bedanken uns bei den Beschäftigten, Partnern und Kunden für das entgegengebrachte Vertrauen und die Unterstützung in dieser herausfordernden Zeit.“ 

„Ich muss sagen, dass uns hier allen gemeinsam etwas Außerordentliches gelungen ist. Doch unsere Arbeit ist noch nicht getan, genaugenommen beginnt sie nun erst. Wir haben ein tragfähiges Konzept und einen Restrukturierungsplan erarbeitet, den es nun umzusetzen gilt. Ein ordentlicher Berg an Hausaufgaben ist in den nächsten Monaten und Jahren zu bewältigen, damit die Meyer Werft wieder auf einen guten Kurs kommt und ihre Zukunft und damit aller Mitarbeitenden nachhaltig gesichert ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingen wird“, ergänzt Ralf Schmitz CRO und CFO bei der Meyer Werft.

Statements vom Land Niedersachsen

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) betont: „Wir haben hier vor allergrößten Herausforderungen gestanden, die innerhalb kürzester Zeit gemeistert werden mussten. Deshalb bin ich sehr dankbar und durchaus auch stolz darauf, dass alle Akteure gemeinsam an dem Ziel gearbeitet haben, für die Meyer Werft und ihre Beschäftigten die Basis für eine erfolgreiche Zukunft zu schaffen. Dass die solide Finanzierung nun pünktlich steht, ist der gemeinsame Erfolg aller Beteiligten.” 

Der CDU-Fraktionschef im niedersächsischen Landtag Sebastian Lechner ergänzt: „Der Weg zur Neuausrichtung ist ein großer Meilenstein. Am Ende steht der unerschütterliche Wille, gemeinsam die Zukunft der Meyer Werft zu sichern – um sowohl den Standort und die Arbeitsplätze in Papenburg als auch die wichtige Schiffbau-Kompetenz in Deutschland zu erhalten. Für dieses Ziel stehen wir überparteilich in Niedersachsen und im Bund zusammen. Ich bin überzeugt, dass die Werft nun schnell wieder auf die Beine kommt und erneut in eine erfolgreiche, innovative Zukunft startet. Die beste Garantie für den Standort ist die Führung der Meyer Werft als familiengeführtes Unternehmen.“

Der niedersächsische Finanzminister Geralt Heere (Grüne) sagt: „Die Meyer-Werft ist ein Schlüsselunternehmen für den Nordwesten Niedersachsens und weit darüber hinaus – dies rechtfertigt das enorme Engagement des Landes. Mit diesem gemeinsamen Kraftakt ermöglichen wir eine nachhaltige Neuausrichtung der Werft, die für tausende Arbeitsplätze in der Region und innovativen Schiffsbau steht.“

Bernard Meyer zeigte sich dankbar für die Unterstützung aus Land und Bund, wies zugleich aber auch auf eine tragfähige Lösung für die Werft hin, wenn die öffentliche Hand sich wieder zurückzieht: „Ich bin sehr dankbar dafür, dass alle an einem Strang gezogen haben, um uns diese Finanzierungsbrücke zu bauen. Ich bin aber auch überzeugt davon, dass wir nun aus eigener Kraft die Kurskorrektur hinbekommen, und eines Tages wieder ein wirtschaftlich gesundes und erfolgreiches, familiengeführtes Vorzeigeunternehmen sein werden.”

Zum Hintergrund: 
Die Meyer Werft ist seit mehr als 225 Jahren fester Bestandteil der deutschen Schiffbauindustrie und weltweit für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannt. Infolge der Corona-Pandemie, des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sowie steigender Rohstoffpreise war die Werft allerdings in finanzielle Schieflage geraten. Zudem werden in der Branche üblicherweise 80 Prozent des Baupreises erst bei Ablieferung der Schiffe gezahlt – den Bau muss die Werft also mit Krediten zwischenfinanzieren. Dafür werden die zugesagten Bürgschaften eingesetzt. Zurzeit verfügt die Papenburger Werft über Aufträge im Wert von elf Milliarden Euro bis in das Jahr 2031.

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