Landkreis Grafschaft Bentheim

Zukunftsforum #Grafschafter Wirtschaft 2030: „Anstoß für zukünftige Projekte“

Nordhorn – „Da ist er!“ Mit diesen Worten präsentierte Landrat Uwe Fietzek den 60 Seiten starken Abschlussbericht zum Zukunftsforum #Grafschafter Wirtschaft 2030. Vor rund 120 Unternehmerinnen und Unternehmern fasste er gemeinsam mit Dr. Gerhard Becher und Fabian Böttcher vom prozessbegleitenden Cima Institut für Regionalwirtschaft aus Hannover die Ergebnisse des Zukunftskonzepts für die Grafschaft Bentheim zusammen.

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Gut ein Jahr lang haben die Experten des Cima Instituts gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Verbänden Antworten auf Fragen wie „Was sind die Alleinstellungsmerkmale der Grafschafter Wirtschaft?“, „Wie kann sich der Standort weiterentwickeln?“ oder „Welche Trends sind für die regionale Wirtschaft zu erwarten?“ gesucht. Damit haben sie den Faden des vergangenen „Zukunftsforums Wirtschaft 2020“, das vor zehn Jahren gestartet wurde, wieder aufgenommen. Damals hatten sich die Akteure erstmals mit Trends und Zukunftsfragen für die Region auseinandergesetzt, strategische Handlungsfelder definiert und Projekte angestoßen. „Angesichts der sich aktuell stark ändernden Welt und der gegenwärtigen Krisen aus Fachkräftemangel, Ukraine-Krieg und steigenden Energiepreisen haben wir nun erneut den Dialog mit der Wirtschaft gesucht“, erklärte Fietzek die Hintergründe. 

Im Oktober 2021 fiel der Startschuss für das von der Wirtschaftsförderung des Landkreises organisierte Zukunftsforum 2030. Seither haben sich die Teilnehmenden in Umfragen, Fachgesprächen und Workshops zu den sechs Schwerpunktthemen Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft, Innovationen und Fachkräfte, nachhaltiges Wirtschaften, klimaneutrale Mobilität und Logistik sowie Energie ausgetauscht. Als besonders erfreulich bewertete Fietzek die hohe Beteiligung und er betonte: „Unser Ziel ist es, dass sich die Region auf ihre Stärken konzentriert, dadurch ihre Widerstandsfähigkeit erhöht und flexibel auf die verschiedenen Herausforderungen reagieren kann.“ 

Dass die Region dafür grundsätzlich gute Voraussetzungen hat, belegt der aktuelle Zukunftsatlas 2022 des Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos. Demzufolge rangiert die Grafschaft im Vergleich der deutschen Regionen hinsichtlich ihrer Zukunftschancen auf Platz 142 von 400. Die Cima-Experten bestätigten diesen Eindruck. Auf der Abschlussveranstaltung untermauerten sie das unter anderem mit der Beschäftigungsentwicklung, die im Landkreis in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 30 Prozent gestiegen ist. 

Um das Wachstum weiter voranzutreiben hat sich das Institut die sechs Schwerpunktthemen Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft, Innovationen und Fachkräfte, nachhaltiges Wirtschaften, klimaneutrale Mobilität und Logistik sowie Energie einmal genauer angeschaut und Handlungsempfehlungen formuliert. 

Im Bereich „Innovation und Fachkräfte“ sollten beispielsweise nach Möglichkeit Kooperationen mit den Hochschulen und weiteren Forschungseinrichtungen ausgebaut werden. Bereits die Zusammenarbeit mit dem Steinbeis-Transferzentrum und dem Grafschafter Technologie-Zentrum habe sich als wichtiger Schritt zur Innovationsförderung und Treiber erwiesen, heißt es im Abschlussbericht. Um den Austausch über Innovationen, Trends und neue Technologien zu fördern, empfehlen die Cima-Experten Berichts- und Austauschabende für Unternehmende, die beispielsweise vom Landkreis oder der Wirtschaftsvereinigung organisiert werden könnten. Um die innovative Arbeit mit kreativen Köpfen voranzutreiben, gelte es zudem, die kürzlich gestartete Fachkräftekampagne bekannter zu machen. Außerdem sehen die Experten ungenutzte Potenziale in der Integration ausländischer Arbeitskräfte. Auch Frauen, Rentner und Personen ohne Schulabschluss sollen als „stille Reserve“ stärker mobilisiert werden. 

Im Handlungsfeld „Energie“ legten die Cima-Experten Becher und Böttcher den Fokus vor allem auf Wasserstoff als regenerative Energiequelle. „Ziel sollte der Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft sein, die alle interessierten Abnehmer versorgen kann“, betonte Becher. Um die Energiewende voranzutreiben hat der Landkreis parallel zum Zukunftsforum bereits ein kostenloses Solar- und Gründachpotenzialkataster erstellt, um aufzuzeigen, wo es sinnvoll ist, eine PV-Anlage zu installieren. 

Um das dritte Schwerpunktthema „Kreislaufwirtschaft“ stärker in den Fokus der Grafschafter zu rücken, empfehlen die Experten eine regionale Kampagne, die schon im Kindergarten und in der Grundschule Grundlagen für das bessere Verständnis der Kreislaufwirtschaft aufbauen soll. 

Um im Handlungsfeld „Digitalisierung“ weiter voranzukommen, müsse zudem die digitale Infrastruktur in der Grafschaft Bentheim „dringend und mit besonders großem Nachdruck“ ausgebaut werden. Gleiches gelte für die Mobilfunknetze, die auf den neuesten 5G-Standard gebracht werden müssten. „Auch die Digitalisierung in der Verwaltung sollten der Landkreis und die Kommunen weiter vorantreiben. So können Arbeitsprozesse vereinfacht und vor allem beschleunigt werden. Das ist insbesondere mit Blick auf Genehmigungsverfahren für Unternehmen ein wichtiger Faktor“, betonte Becher.

Mit Blick auf das fünfte Handlungsfeld „Nachhaltiges Wirtschaften“ wünschten sich die Experten von den Unternehmen ganz generell eine stärkere Fokussierung auf Nachhaltigkeitsthemen. „Wir könnten uns zum Beispiel vorstellen, dass die Wirtschaftsförderung des Landkreises Unternehmen, die besonders nachhaltig agieren, mit einem Preis auszeichnet, um Anreize zu schaffen“, erläuterte Becher. Auch die Entwicklung nachhaltiger Gewerbeflächen könne dabei eine Rolle spielen. 

Für eine Förderung sprach sich das Cima-Institut zudem im Bereich „klimaneutrale Mobilität und Logistik“ aus. „Einige Unternehmen haben zwar schon erste Projekte in puncto klimafreundliche Mobilität angestoßen, aber insgesamt ist das noch zu wenig“, stellte Becher fest. Er warb außerdem dafür, den ÖPNV im Grenzgebiet auszubauen und alte Bahngleise zu reaktivieren. 

„Mit diesem Abschlussbericht endet der Prozess nun natürlich nicht – er ist vielmehr Anstoß für zukünftige Projekte. Wir möchten gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft und der Wirtschaftsvereinigung eine Steuerungsgruppe bilden und entscheiden, welche Punkte Priorität haben“, gab der Erste Kreisrat Dr. Michael Kiehl die weitere Marschroute vor. Parallel dazu werden die Ergebnisse des Zukunftsforums in den politischen Gremien diskutiert. 

Den vollständigen Bericht gibt es auf der Webseite des Landkreises Grafschaft Bentheim und hier: www.grafschaft2030.de

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