Logistik | Spedition Messing investiert in Nachhaltigkeit

Als Transportunternehmen setzt sich die Spedition Messing aus Coesfeld an verschiedenen Stellen zwangsläufig mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander. Mit dem Ziel, der Klimaneutralität immer ein Stückchen näherzukommen, hat Geschäftsführer Christian Meßing zum Beispiel in zwei Lkw mit batterieelektrischem Antrieb investiert. Auch andere Faktoren in seiner Spedition hat er mit Blick auf die Nachhaltigkeit unter die Lupe genommen und dabei festgestellt: Ansatzpunkte gibt es viele, aber (noch) nicht alles ist in der Praxis auch wirtschaftlich tragfähig.

Einen Teil des Fuhrparks hat die Spedition Messing auf Lkw umgestellt, die mit Biogas angetrieben werden.

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Seit Jahrzehnten schon legt Messing Wert auf ein nachhaltiges Profil, und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Weil Geschäftsführer Christian Meßing nichts von Ressourcenverschwendung hält, lässt er das Profil der Lkw-Reifen nachschneiden, anstatt sie auszumustern. „Die haben sozusagen ein zweites Leben, ohne dass die Sicherheit beeinträchtigt ist“, erklärt er. Sind die Reifen erneut abgefahren, ist ihre Zeit aber immer noch nicht abgelaufen: Meßing schickt sie zum Hersteller, der sie auf den Röntgentisch legt. Bei positivem Untersuchungsergebnis werden sie runderneuert, für ein drittes Leben auf Achse. Gleiches gilt für die Zugmaschinen, die in der hauseigenen, von seinem Bruder Andreas geleiteten Werkstatt fit gehalten und schonend eingesetzt werden. „Wir trainieren seit ewigen Zeiten die verbrauchsarme Fahrweise und vergeben Prämien für Schadensfreiheit an unsere Fahrer“, berichtet Christian Meßing. 

Seit mehr als hundert Jahren ist das in vierter Generation familiengeführte Unternehmen in der Transport- und Speditionsbranche unterwegs. Alles, was am Firmensitz am Erlenweg in Coesfeld passiert, werde langfristig unter dem Nachhaltigkeitsaspekt gedacht und geplant, betont der Geschäftsführer und bringt weitere Beispiele. So steht seit mehr als 20 Jahren eine Waschstraße mit Brauchwasser-Aufbereitungsanlage auf dem Hof. Der Frischwasserverbrauch für die Flottenreinigung hat sich somit um zwei Drittel reduziert, eingesetzt werden ausschließlich biologisch abbaubare Mittel. Die Logistikhalle beheizt Meßing per Wärmepupe, PV-Anlage sowie Speicher sind installiert, auch die Staplerflotte und einige Dienstwagen zapfen den grünen Strom. Meßings Beweggründe für den Umweltschutz: Nachfolgende Generationen sollen mit den Bedingungen, die unser Planet bietet, noch klarkommen. „Schließlich habe ich selbst Kinder“, nennt er das erste Argument. Zudem fordern auch immer mehr Kunden von der Branche nachhaltiges Wirtschaften ein. Drittens führe Nachhaltigkeit in vielen Fällen zu mehr Wirtschaftlichkeit.

Antriebsfrage noch ungelöst

Die Kernfrage der Branche allerdings – mit welchem Energieträger und mit welcher Antriebstechnik die Zugmaschinen in eine dekarbonisierte und zugleich wirtschaftliche Zukunft fahren können – sieht Meßing noch nicht gelöst. Zwar gebe es mit den batterieelektrischen und wasserstoffbasierten Technologien neue Ansätze, in denen theoretisch hohes Nachhaltigkeitspotenzial steckt. Das Problem sei aber der Praxisbetrieb: Ohne massive Förderung bleibe die Wirtschaftlichkeit auf der Strecke. Eine vollelektrische Zugmaschine steht bereits auf dem Hof von Meßing, die zweite ist bestellt. „Es geht uns ums Ausprobieren. Wir müssen doch wissen, worüber wir reden, und was auf uns zukommt“, begründet er die Investition von rund 365.000 Euro pro Zugmaschine plus einer Summe in gleicher Höhe je Schnellladesäule. „Das können wir nicht wieder reinfahren“, sagt der Unternehmer. Circa 150.000 Euro pro Fahrzeug zahle die Firma, der Rest kommt aus Fördermitteltöpfen, und auch die Schnellladesäulen werden gefördert. Doch es ist nicht allein die noch fehlende wirtschaftliche Tragfähigkeit, die Meßing am Praxisnutzen der Elektromobilität vor allem für den Transit- und Schwerlastverkehr zweifeln lässt. Noch fehle es an einer Ladeinfrastruktur. Nach gut vier Stunden müsse mindestens eine Dreiviertelstunde aufgeladen werden oder der Ladevorgang während der mindestens neunstündigen Pause laufen.

Die Fernrouten also in kurzen Intervallen mit Ladesäulen flankieren, damit alle sofort grünen Strom zapfen können, wenn der Akku leer ist? Für Meßing ist diese Vorstellung illusorisch. „Das wird nicht gehen, die Fahrer wissen ja schon jetzt oft nicht, wo sie einen Stellplatz ergattern können“, sagt er. Den ersten Elektro-Lkw seiner Spedition setzt er auf kürzeren Distanzen im Kühlverkehr ein. Energie wird dabei auch an den Auflieger abgegeben. Der Solarstrom kommt aus der eigenen PV-Anlage, im Bedarfsfall greift die Spedition zudem auf Ökostrom der Stadtwerke Coesfeld zurück. Weil dem Unternehmer Regionalität wichtig ist, hat er Energie bestellt, die mit Windkraft im Letter Bruch gewonnen wird. 

Alternative Biogas

Mit sechs PS hatte Bernhard Me­ßing seinen Fuhrbetrieb 1908 gestartet, und er hielt noch an seinen Kaltblütern fest, als das Auto die Straße längst erobert hatte. Sein Urenkel ist offener für Innovati­onen. So hat das Unternehmen vor rund 20 Jahren dem reinen, auf Altspeisefetten basierenden Biodiesel sofort Tür und Tank geöffnet, weil der Kraftstoff bei Markteinführung als nachhaltig galt. „Damit sind wir gut gefahren, mussten an den Lkw zwar technisch etwas machen, hatten aber infolge der Steuererleichterungen für Biodiesel einen Kostenvorteil“, erzählt Meßing. Doch habe die Politik diese, aus seiner Sicht wettbewerbsfähige Alternative zum fossilen Diesel mit steigender Besteuerung vom Markt gedrängt. „Das ist schade, denn wir hatten die Technik im Griff und würden den Kraftstoff immer noch verwenden“, bedauert der Geschäftsführer und fügt an: „Jetzt haben wir mit den Gasfahrzeugen eine ähnliche Situation.“ Acht LNG- sowie zwei CNG-Lkw hat er zurzeit im Fuhrpark. Die LNG-betriebenen Motoren laufen neuerdings mit Biogas, die CNG-Maschinen, die ausschließlich Bioprodukte transportieren, von Beginn an. „Der Kunde achtet genau auf die Zertifizierung, weil es ihm wichtig ist, dass der Kraftstoff nicht aus Produkten gewonnen wird, die im Wettbewerb zum Lebensmittelmarkt stehen“, berichtet Meßing und zeigt damit, dass das Thema „Teller oder Tank“ immer noch aktuell, der Widerspruch aber lösbar ist: Es werden nur Reste verwertet, um das Gas zu gewinnen. Allerdings machen Meßing erneut Veränderungen der Rahmenbedingungen einen Strich durch die Rechnung. Er hatte nicht angenommen, dass die Mautbefreiung für diese Fahrzeuge so früh fallen soll. „Jetzt haben wir beim Biogas nur die Nachteile – hohe Kosten für Anschaffung, Wartung und Kraftstoff, dazu höhere Abschreibung plus die Maut obendrauf“, bedauert Meßing, der 2022, infolge der drastischen Gaspreisentwicklung, die Lkw sogar ein halbes Jahr lang aus dem Betrieb genommen hatte. 

Wasserstoffbasierte Antriebe sind für ihn, trotz deren Langstreckentauglichkeit, bei weitem noch kein Thema. „Laut Hersteller werden solche Fahrzeuge doppelt so viel wie die E-Fahrzeuge kosten, und grünen Strom zur Wasserstoffherstellung gibt es viel zu wenig“, begründet er und fügt an: „Ich habe da kein gutes Gefühl, das ist alles unglaublich teuer.“ Das Risiko für Fehlinvestitionen sei hoch. „Unsere Branche ist in einer unsicheren Situation und braucht jetzt eine Politik, die verlässlicher wird“, mahnt Meßing. Inzwischen feilt er, gemeinsam mit Netzwerkpartnern, an einem neuen Konzept, das Auslastungen, Routenführungen und die Praktikabilität der E-Fahrzeuge deutlich verbessern soll. Die wesentlichen Faktoren: komplexe Planung per KI, feste Stationen für einen Tausch der Auflieger sowie Ladesäulen an den Tauschpunkten.  

Dominik Dopheide

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