LIST Eco | „Nachhaltigkeit kostet, aber keine Nachhaltigkeit kostet noch mehr“

Mehr als je zuvor müssen beim Bau gewerblicher Immobilien Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit buchstäblich unter ein Dach gebracht werden. Aus dem wachsenden Bedarf an Beratung rund um nachhaltiges Bauen hat LIST Eco, ein Tochterunternehmen des Bau- und Immobiliendienstleisters LIST aus Nordhorn, ein Geschäftsmodell entwickelt. Mithilfe einer datenbasierten Beratung unterstützt das Unternehmen Bauherren so bei Investitionsentscheidungen in „grüne“ Immobilien.

Steffen Menkhaus, Pressereferent LIST Gruppe. Foto: LIST

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Den nachfolgenden Generati­onen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen: Für viele Menschen ist dieses Motiv stark genug, um Maßnahmen für Nachhaltigkeit im Kostenplan ihrer Immobilie einzukalkulieren, sagt Steffen Menkhaus, Pressereferent bei der LIST Gruppe. Doch er weiß auch: Insbesondere im Bereich der Gewerbeimmobilien müssen bei jedem Bau- oder Sanierungsprojekt auch die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen im grünen Bereich liegen. Die Kosten-Nutzen-Rechnungen von gestern aber gehen in Zeiten der Dekarbonisierung nicht mehr auf. Dafür sorgen allein schon die Direktiven und Regelwerke zur Bewertung der Nachhaltigkeit unternehmerischen Handelns – etwa die EU-Taxonomie, die CSR-Berichtspflicht (Corporate Social Responsibility) und die ESG-Investment-Kriterien, die sich auf die Bereiche „Umwelt“, „Soziales“ und „Verantwortungsvolle Unternehmensführung“ beziehen. Hinzu kommen weitere Faktoren, etwa die Preisentwicklung für fossile Energieträger. „Wenn ich jetzt eine Immobilie baue, die mit fossiler Energie beheizt wird und eine entsprechend schlechte CO2-Bilanz hat, kann sie am Markt möglicherweise nicht mehr platziert werden, weil sie weniger attraktiv für Investoren, Nutzer und Käufer ist“, warnt Menkhaus. „Stranded Assets“ nenne die Branche solche Fälle, und diese Häuser und Hallen seien infolge ihrer zunehmenden Unwirtschaftlichkeit tatsächlich mit gestrandeten Schiffen zu vergleichen, die wieder flott gemacht werden müssen. „Nachhaltigkeit kostet, aber keine Nachhaltigkeit kostet noch mehr“, betont Menkhaus und denkt dabei nicht nur ans Geld. Es gehe auch ums Image, das im Wettbewerb um Kundschaft und Fachkräfte ein entscheidender Faktor sei. 

Taxonomie-Verordnung hat Einfluss

Der Pressereferent verweist mit Blick auf die Finanzen beispielhaft auf den Einfluss, den die bereits geltende Taxonomie-Verordnung auf die Planung von Bau-Projekten haben kann. Sie fordert, dass Banken und Investoren darlegen, wie viel Nachhaltigkeit in ihrem Portfolio steckt. Im Zuge der Kreditvergabe sollen dann anhand eines Testverfahrens die Nachhaltigkeitsrisiken eingeschätzt und, bei entsprechend gutem Ergebnis, Sonderkonditionen eingeräumt werden. Auf den Prüfstein kommen unter anderem Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, der Übergang zur Kreislaufwirtschaft und der Schutz gesunder Ökosysteme. Genau an dieser Stelle kommt LIST Eco ins Spiel. Das Unternehmen unterstützt Investoren bei der Nachhaltigkeits-Konzeption und -Planung, der Zertifizierung von Gebäuden und entwickelt bauliche Lösungen für nachhaltige gewerbliche Immobilien. Die Realisierung kann dann zum Beispiel über eines der Generalunternehmen der LIST Gruppe erfolgen.

Zu den Projekten zählt immer häufiger auch das Bauen im Bestand. „Oft ist das unter Nachhaltigkeitsaspekten im Vergleich zu einem Neubau sogar die bessere Lösung“, betont Menkhaus. So könne beispielsweise in vielen Fällen eine innerstädtische Fläche umgenutzt, die Gebäudehülle saniert und der Bau erweitert werden, ohne dass natürliche Biotope Schaden nehmen. 

 

Eine Frage der Recyclingfähigkeit

Wie aber muss überhaupt gebaut werden, damit eine gewerbliche Immobilie für die Zukunft gut aufgestellt ist? „Das hängt stark vom jeweiligen Projekt ab“, sagt Menkhaus. Pauschale Antworten gebe es auch deshalb nicht, weil sich Material bei genauerem Hinsehen als weniger nachhaltig erweisen könne, als es auf den ersten Blick erscheint. Was ist besser für die CO2-Bilanz: der Alu-Fensterrahmen oder das Pendant aus Kunststoff? Menkhaus hat für beide Alternativen Argumente parat: Die Produktion der Aluminium-Variante ist sehr energieintensiv und zurzeit mit hohen CO2-Emissionen verbunden, andererseits ist das Material besser zu recyceln als Kunststoff. Ob kleines Bauteil oder ganze Fassade, es gilt: je recyclingfähiger, umso ökologischer. Hinzu kommt die Transport-Frage: Welche Fenster fallen der Zugmaschine und somit dem Klima mehr zur Last? Auch die Eigenschaften der Wärmedämmung der Produkte sind in die Waagschale zu werfen, listet Menkhaus auf.

Ein anderer Baustoff gilt als Inbegriff der Nachhaltigkeit: Holz. Aber kann er diesem Ruf immer gerecht werden? Keineswegs, wenn er beispielsweise aus einem südamerikanischen Regenwald stammt und auf einem schweröl-getriebenen Frachter den Ozean durchquert, betont der Pressereferent. Werden nur ein paar Elemente gebraucht, seien die Träger aus der nahegelegenen Stahlhütte für das Weltklima die bessere Wahl. „Es macht also keinen Sinn, sich nur ein Detail herauszugreifen. Wir müssen die Nachhaltigkeit in den Immobilienkonzepten ganzheitlich betrachten und feststellen, wie sich jedes Bauteil in die Gesamtbilanz einbringt“, stellt Menkhaus klar. 
Um das auszurechnen, hat LIST Eco eine Analyse-Software entwickelt, die bei der Beratung zum Einsatz kommt. „Wir können die wesentlichen Treiber für das CO2-Budget einer Immobilie ermitteln und per Modellrechnung alternative Lösungsmodelle zur Optimierung aufstellen“, beschreibt Menkhaus. 

Ansatzpunkt Fassade

Ansatzpunkte für nachhaltiges Bauen gibt es viele. Die Verwendung von CO2-optimiertem Stahl und CO2-optimiertem Beton bringe schon viel, erläutert Menkhaus. Gleiches gelte für den Einsatz von Tragwerken aus gesichert nachhaltigem Holz. Eine entscheidende Rolle spielt auch die Fassade eines Gebäudes. Fakt sei: Ist eine Indus­triehalle nur mit Glaswolle gedämmt, wird sich der Markt kaum noch für das Objekt „erwärmen“. Vielmehr sind moderne, komplexe Dämmstoffe gefragt, zumal sich diese Investition, angesichts steigender Energiepreise, schnell auszahlen könne, so Menkhaus. Die Fassade bietet auch auf ihrer Außenseite viel Raum für Nachhaltigkeit, zum Beispiel durch eine Begrünung. Das kommt auch der Biodiversität zugute. „Zudem funktionieren in so einem Gebäude Kühlung und Dämmung besser“, erläutert Menkhaus. Auch auf das Mikroklima hätten die Pflanzen positiven Einfluss. Ein Quartier, etwa eine Einkaufsmeile, könne somit eine eigene „grüne Lunge“ schaffen und damit auch Pluspunkte für das Taxonomie-Verfahren sammeln. 

Viele dieser Nachhaltigkeits-Maßnahmen hat die LIST Gruppe beim Bau einer der größten Logistikimmobilien Europas eingeplant und umgesetzt: Die Halle am Rhein-Lippe-Hafen nördlich von Duisburg wird ganz ohne fossile Energien betrieben. Stattdessen sorgt eine Geothermie-Anlage in Verbindung mit einer Fußbodenheizung für Wärme und Wirtschaftlichkeit. Auch Fassadenbegrünung, eine PV-Anlage und viele nachhaltige Baumaterialien kommen zum Einsatz. 

LIST hat auch beim Bau der neuen, eigenen Büroräume in Nordhorn nachhaltig geplant und gebaut – auf altem Industrieareal, damit keine Flächen neu versiegelt werden müssen. „Wir haben das Gebäudemodell in eine Simulation gesteckt, die auch die voraussichtlichen Umweltbedingungen des Jahres 2035 berücksichtigt“, berichtet Menkhaus. Dämmung und Technik seien damit auch gut auf Arbeitstage jenseits der 40-Grad-Marke abgestimmt. 

Dominik Dopheide

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