Aus Sicht der Unternehmensberatung
Maschinen aus, Tür zu, fertig. So einfach, wie die Schließung eines Unternehmens klingt, ist sie nicht. Eine Liquidation ist immer auch mit Kosten verbunden. „Daran denken die wenigsten“, weiß Patrick Eek, Manager Mergers & Acquisitions bei der Unternehmensberatung Grafschafter Wertekontor in Nordhorn. Mitarbeitende können Abfindungsansprüche haben, offene Forderungen müssen beglichen werden und es stellen sich gegebenenfalls Haftungsfragen für laufende Projekte. „Eine Stilllegung sollte wirklich die allerletzte Option sein. In der Regel gibt es bessere Alternativen“, betont Eek, der rät, sich im Zweifel im eigenen Netzwerk und Branchenumfeld nach passenden Interessenten für das Unternehmen umzuhören. „Manchmal können auch Teilbereiche eines Unternehmens noch einen guten Marktwert haben, sodass es sich lohnt, diese zu veräußern“, erklärt er.
Ein Jahr Planungszeit
Kommt auch diese Aufsplittung nicht infrage, dann sollte man sich für den Abwicklungsprozess des Unternehmens etwa ein Jahr Planungszeit nehmen. Neben steuerrechtlichen Angelegenheiten geht es dabei vor allem um die Nachsorge für die Angestellten und Geschäftspartner. „Seinen eigenen, oftmals jahrelangen Mitarbeitenden einen gewissen Zeitraum zu gewähren, um sich nach einem anderen guten Job umzusehen, ist nicht nur fair, sondern auch finanziell relevant, da Abfindungsansprüche bestehen können. Auch Kunden und Lieferanten müssen sich umstellen, wenn ihr bisheriger Geschäftspartner wegbricht. Das braucht Zeit“, betont der Unternehmensberater.
Offen und klar kommunizieren
Um die Schließung mit möglichst wenig Reputationsverlust zu vollziehen, rät Eek, offen und klar zu kommunizieren: Beweggründe erklären, Zusammenhänge darlegen, dann behält man auch die Fäden in der Hand. „Sobald die Entscheidung steht, sollte sie auch verkündet werden. Denn der Buschfunk ist schnell und es wäre vor allem für die Mitarbeitenden und engen Geschäftspartner ein großer Vertrauensbruch, wenn sie diese Info von Dritten bekommen“, macht Eek klar. Individuelle Gespräche mit Mitarbeitenden über ein sozialverträgliches Ausscheiden aus dem Unternehmen, über Karrierechancen bei Mitbewerbern und Abfindungsregelungen sollten in der Kommunikation ganz oben auf der Agenda stehen. Kontakte zur Arbeitsagentur oder die Vermittlung an eine Transfergesellschaft, über die ein neuer Job gefunden wird, seien weitere Optionen.
Emotionaler Verlust
Was sich nicht so geregelt managen lässt, ist der emotionale Verlust des Lebenswerks bei der Betriebsschließung. „Wer über Jahrzehnte eine Marke mit tollen Produkten und Arbeitsplätzen aufgebaut hat, tut sich schwer damit, dies zu beenden – das ist eine ganz natürliche Reaktion! In Extremfällen ist eine psychologische Betreuung sicherlich hilfreich“, beschreibt Eek. Ihre Erfahrungen und das Wissen könnten Unternehmerinnen und Unternehmer außerdem als Mentor oder Berater zum Beispiel an Start-ups weitergeben. „Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist für viele ganz wichtig – insbesondere, wenn es mit dem eigenen Lebenswerk nicht weitergeht“, betont der Unternehmensberater.
Aus rechtlicher Perspektive
Mitarbeitende kündigen, mit dem Finanzamt abrechnen, Löschungsantrag für das Handelsregister stellen – das sind die wichtigsten Eckpunkte, die rechtlich gesehen im Falle der Stilllegung eines Unternehmens auf der To-do-Liste stehen. Sichtbares Zeichen dafür, dass sich ein Unternehmen in einer Auflösungs- oder Abwicklungsphase befindet, ist der Zusatz „i.L.“ („in Liquidation“) im Handelsregister. Es signalisiert, dass die Geschäftstätigkeit eingestellt wird, keine neuen Aufträge mehr angenommen werden und die Gesellschaft auch nicht mehr aktiv auf dem Markt werben darf. „Nach Ablauf des Sperrjahres kann das Unternehmen dann endgültig aus dem Handelsregister gelöscht werden“, erklärt Notarin Dr. Marie-Sophie Söbbeke von der gleichnamigen Kanzlei in Gronau-Epe. Die einjährige Übergangsfrist ist Warnung und Aufforderung zugleich für alle Vertragspartner des Unternehmens, die jetzt noch Zeit haben, ihre Forderungen an den Betrieb geltend zu machen.
Für den bisherigen Unternehmensinhaber gelten außerdem Aufbewahrungsfristen für Unternehmensunterlagen.
Aus steuerrechtlicher Perspektive
Eine Liquidation hat auch steuerrechtliche Konsequenzen. Markus Efken, Steuerberater der Kanzlei Dr. Rudel, Schäfer & Partner in Melle, nennt zwei Fälle, die sich grundsätzlich voneinander unterscheiden. Erstens: Sämtliche zum Unternehmen gehörende Vermögenswerte wie Immobilien, Maschinen, Patente etc. werden im Zuge der Schließung des Betriebs verkauft. „Der dadurch erzielte Aufgabegewinn muss dann grundsätzlich versteuert werden“, erläutert er.
Betriebsvermögen entnehmen und vergleichen
Zweitens: Einzelne Wirtschaftsgüter des Unternehmens – beispielsweise Grundstück oder Firmenfahrzeug – werden nicht verkauft, sondern in das Privatvermögen des Altinhabers überführt, sodass er sie privat weiter nutzen kann. Diese Entnahme von Betriebsvermögen wird steuerrechtlich wie ein Verkauf behandelt. Es geht dann ans Vergleichen, um die Besteuerung festzulegen: Welchen tatsächlichen Wert hat das Grundstück heute, welchen damaligen Kaufpreis bzw. welchen heutigen Buchwert hat es? „Die Differenz zwischen diesen beiden Angaben wird dann versteuert. Solche stillen Reserven werden also bei der Abwicklung eines Unternehmens nach und nach alle aufgedeckt“, beschreibt Efken.
Ältere Altinhaber können aber auch von Steuervergünstigungen bei der Übertragung von Betriebs- auf Privatvermögen im Rahmen einer Betriebsaufgabe profitieren. Norbert Kalker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Fachberater für Unternehmensnachfolge am Osnabrücker Standort der Kanzlei, nennt ein Beispiel: „Ist ein Altinhaber 55 Jahre und älter, dann gilt für ihn nur der sogenannte ‚halbe Steuersatz‘, also eine ermäßigte Einkommensteuer.“ Das lohne sich zum Beispiel bei der Übertragung eines wertvollen Grundstücks. „Hintergrund ist, dass der Fiskus den Altinhaber nicht bei Betriebsaufgabe auch noch mit hohen Steuern belasten will. Sein Lebenswerk soll nicht darunter leiden, dass es keinen Nachfolger gibt“, betont Kalker.