Fall 4: Verkauf an ein anderes Unternehmen | Ein guter Deal

Der Unternehmensverkauf als Nachfolgelösung ist für den bisherigen Eigentümer nicht nur eine finanzielle Absicherung. Die Akquisition kann für den Betrieb selbst auch Entwicklungsmöglichkeiten durch Synergien und neue Ressourcen eröffnen. Ob strategische Übernahme, Wachstum durch Zukauf oder Rettung in letzter Minute: Im Idealfall wird das Lebenswerk der abgebenden Person weitergeführt. Bei den Mitarbeitenden und Kunden sorgt der Verkauf für Stabilität in einer entscheidenden Umbruchphase. Solche Übergaben bergen Chancen, aber auch Herausforderungen. Es gilt, den Verkauf sorgfältig zu planen und zu kommunizieren, klug zu verhandeln und Unterschiede in der Unternehmenskultur zwischen Käufer und übernommenem Team aufzuarbeiten – dann kann der Staffelstab erfolgreich weitergegeben werden.

Grafik: Nadine Tenhaken

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Aus Sicht der Unternehmensberatung

Das eigene Unternehmen verkaufsfähig und damit attraktiv für den Markt machen, den passenden Käufer finden und sich dann auch noch über einen fairen Preis einig werden: Wenn als Nachfolgeregelung der Verkauf des Betriebs ansteht, dann ist das oft ein komplexer Prozess. „Es gibt vieles zu beachten. Häufig fehlen Kontakte zu potenziellen, finanzstarken Käufern. Außerdem empfiehlt es sich, den Unternehmenswert durch erfahrene Fachleute bestimmen zu lassen, um eine objektive Bewertung sicherzustellen und mit einer realistischen Erwartungshaltung in den Markt zu gehen“, betont Katja Buckley, Managerin Mergers & Acquisitions bei der Unternehmensberatung Grafschafter Wertekontor in Nordhorn.  

Vier zentrale Themen: Führungsebene, saubere Zahlen, steuerliche Auswirkungen, Datenbasis

Um die eigene Firma überhaupt verkaufsfähig zu machen, sollten Unternehmerinnen und Unternehmer zuvor vier zentrale Themen angehen. Erstens: die Führungsebene. Oft ist der Gesellschafter oder die Gesellschafterin auch alleinig geschäftsführend tätig – mit allen wichtigen Kontakten zu Geschäftspartnern. Scheidet der bisherige Inhaber oder die bisherige Inhaberin aus, gehen die Kontakte oft verloren. Deshalb sollten frühzeitig personelle Strukturen aufgebaut werden, die diesen Wissensschwund abfangen. Welche Mitarbeitenden könnten Verantwortung für die Geschäftsbereiche der bisherigen Geschäftsführung, zum Beispiel für Verkauf, Einkauf oder Produktion, übernehmen? „So signalisiert man auch gegenüber dem Käufer: Wir sind vorbereitet und das Geschäft läuft reibungslos weiter, auch wenn der Inhaber geht“, erläutert Buckley. Zweitens: saubere Zahlen. Nur die für das operative Geschäft notwendigen Vermögenswerte werden bei der Kaufpreisermittlung berücksichtigt. Nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte – also solche, die nicht unmittelbar für die laufende Geschäftstätigkeit benötigt werden – sollten vorab herausgelöst und private Verflechtungen aufgelöst werden. „Beispielsweise ist die Nutzung eines besonders hochwertigen Sportwagens als Firmenwagen durch die bisherige Geschäftsführung als Ausdruck persönlicher Präferenzen zu verstehen – nicht aber als betriebsnotwendige Investition, die in die Kaufpreisermittlung einzubeziehen wäre“, stellt Buckley klar. Dritter Punkt: steuerliche Auswirkungen, die der Verkauf des Unternehmens für die abgebende Person hat. Dabei gebe es verschiedene Optionen zur steuerlich optimierten Gestaltung des Transfers, um unnötig hohe steuerliche Belastungen zu vermeiden (siehe nachfolgende Kapitel). Und viertens: eine gute Datenbasis für gründlich ausgearbeitete Analysen und hochwertige Verkaufsdokumente, anhand derer der Wert und das Potenzial des Unternehmens ersichtlich wird. 

Das Verkaufsexposé

Das Verkaufsexposé, oder auch Informations-Memorandum genannt, ist ein wesentliches Dokument im Verkaufsprozess. Es ist meistens 30 bis 50 Seiten stark und liefert einen umfassenden Überblick über das Unternehmen, seine wirtschaftliche Lage, Marktstellung, Strategie und Perspektiven. Damit bildet es die wesentliche Entscheidungsgrundlage für potenzielle Käufer, ob das Unternehmen für sie grundsätzlich interessant ist und zu welchem Preis sie bereit wären zu kaufen. „Es ist wichtig, sich die Zeit für eine gründliche Aufstellung der wichtigsten Eckpunkte zu nehmen, da das Exposé auch Orientierung für alle nachfolgenden Schritte gibt“, erklärt Buckley. Darin enthalten sind sämtliche relevante Informationen über den abzugebenden Betrieb. Nach einer kurzen Übersicht über das Unternehmen, das Alleinstellungsmerkmal des Betriebs und den Verkaufsanlass geht es weiter ins Detail: Unternehmenshistorie mit zentralen Meilensteinen, Gesellschafterstruktur, Leitbild, Standorte, Geschäftsfelder, Produkt- und Dienstleistungsportfolio, Mitarbeiterstruktur, Schlüsselpersonen, Marktposition sowie Entwicklungen und Trends in der Branche, aber auch Chancen und Risiken. „Danach folgt ein Block zur finanziellen Situation und künftigen Planung des Unternehmens und zum Abschluss geht es um den zeitlichen Ablauf und die Struktur des Prozesses“, informiert Buckley. 

Marktaussichten und Wachstumschancen

Neben der Darstellung guter Finanzkennzahlen wirken sich auch positive Marktaussichten mit Wachstumschancen wertsteigernd aus. „Eine Bewertung basiert nämlich in der Regel auf der zukünftigen Planung des Unternehmens“, erklärt Buckley. Die Beraterin appelliert, insbesondere bei der Darstellung der Finanzplanung realistisch zu bleiben. Nicht selten müsse man sich im Verlauf des Prozesses oder aber möglicherweise auch im Nachgang im Rahmen vereinbarter Earn-out-Klauseln, bei denen ein Teil des Kaufpreises an das Erreichen bestimmter zukünftiger Unternehmensziele geknüpft ist, an der eigenen Planung messen lassen. Ziel sei es im ersten Schritt, das Vertrauen potenzieller Käufer zu gewinnen und eine realistische sowie belastbare Einschätzung des Unternehmens zu ermöglichen. Positiv auf den Unternehmenswert wirke sich ebenfalls aus, wenn wenig Abhängigkeiten von bestimmten Lieferanten, Kunden und einzelnen Mitarbeitern bestehen. „Unternehmen, die breit aufgestellt sind, sind in der Regel auch krisenfester“, ordnet Buckley ein. Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Werttreiber kann das Bieterverfahren sein. Buckley: „Der Wettbewerb zwischen mehreren Interessenten kann den letztendlichen Kaufpreis nach oben treiben.“ 

Die Art des Käufers

Welche Art von Käufer überhaupt infragekommen, stimmt das Team des Grafschafter Wertekontors vorher mit dem Mandanten ab. „Ein häufiger Wunsch ist, dass die Arbeitsplätze und das Unternehmen als eigene Marke erhalten bleiben – der Preis ist dann sogar Nebensache“, weiß Buckley aus Erfahrung. Je nachdem, wie eigenständig das Unternehmen weitergeführt werden soll, kommen als Käufer Finanzinvestoren, Strategische Investoren oder Family Offices in die Auswahl. „Alle drei Käufertypen haben Vor- und Nachteile“, erläutert Buckley, die mit ihrem Team bereits ein großes eigenes Netzwerk an Interessenten aufgebaut hat und zusätzlich auf die nationalen und internationalen Kontakte der DZ Bank zugreifen kann. Beispiel Strategische Investoren: Sie investieren dann in ein Unternehmen, wenn dieses eine gute Ergänzung zu ihrem bisherigen Geschäftsmodell ist oder es die Erweiterung des Geschäftsgebietes bedeutet. Nicht selten strebt ein strategischer Käufer, insbesondere internationale Konzerne, die Integration in das eigene Unternehmen an. Zentrale Funktionen werden dann oftmals zusammengelegt. Das muss aber nicht zwingend negativ sein, wie die Beraterin einräumt: „So ergeben sich Synergien, von denen auch das zugekaufte Unternehmen profitiert, und oftmals zahlen solche Investoren einen guten Kaufpreis. Mittelständisch geprägte strategische Interessenten legen Wert auf den Erhalt von etablierten Marken und funktionierenden Strukturen. Sie versprechen sich von einem Zukauf den Zugang zu neuen Kundenkreisen und Technologien. In Zeiten des Fachkräftemangels liegt der Fokus dieser Investoren ebenso auf einer gesunden Belegschaftsstruktur.“ 

Family Office

Beim Family Office steht wie bei einem Strategischen Investor die langfristige Perspektive im Vordergrund. Ziel dieser Investoren ist es, dass das erzielte (oder in diesem Fall hinzugekaufte) Vermögen möglichst lange generationsübergreifend in der Familie gehalten wird. Sie profitieren in der Praxis zum Beispiel von einer Dividende, die aus dem Betrieb ausgeschüttet wird. Druck, das Unternehmen schnellstmöglich wieder gewinnbringend zu verkaufen, gibt es also nicht. Anders verhält es sich bei Finanzinvestoren. „Da geht es häufig um das Rendite-Maximierungsziel – das kommt für viele Familienunternehmen hier seltener infrage“, so Buckley. 

Due Diligence

Der Käufer ist gefunden – wie geht es dann weiter? Besteht eine grundsätzliche Einigung über den Kaufpreis, werden im Rahmen einer Due Diligence (siehe Fall 3) insbesondere die finanziellen, steuerlichen, rechtlichen und operativen Risiken des Unternehmens durch den Käufer bis in die Tiefe analysiert und bewertet. „Hierzu ist die Einrichtung eines gut strukturierten und vollständigen Datenraums unerlässlich. Auch die sich während der Sichtung der Unterlagen ergebenen Fragerunden und Management Meetings müssen sorgfältig vorbereitet und professionell durchgeführt werden. Die Due Diligence ist erfahrungsgemäß ein sehr datenintensiver und zeitaufwendiger Vorgang, der eine enge und verlässliche Zusammenarbeit aller Beteiligten erfordert“, weiß Buckley.   
Dass sich der bisherige Inhaber in Verhandlungen mit potenziellen Käufern befindet, sollte so lange nicht öffentlich kommuniziert werden, wie noch keine verbindliche und belastbare Zusage vorliegt. „Das bringt nur Unruhe ins Team und lässt Raum für Spekulationen, wenn Details unkontrolliert nach außen durchsickern“, betont Buckley. Sind alle Verträge unterschrieben, sind es die Mitarbeitenden, die zuerst informiert werden sollten – gefolgt von Geschäftspartnern. „Es ist immer unglücklich, wenn wichtige Stakeholder aus der Presse erfahren, dass das Unternehmen verkauft wird. Die Kommunikation sollte aktiv und gesteuert erfolgen. Hier sollte man das Heft des Handelns selbst in der Hand behalten“, empfiehlt die Beraterin. 

Aus rechtlicher Perspektive

Kaufpreis, Due Diligence, Übergangsregelung – all das, was rechtlich schon bei der Nachfolge durch einen neuen, externen Geschäftsführer gilt und im Kaufvertrag festgehalten werden sollte (siehe Fall 3), ist auch beim Verkauf an ein anderes Unternehmen relevant.  

Ein Punkt rückt aus rechtlicher Pers­pektive bei der Suche nach einem passenden übernehmenden Unternehmen aber besonders in den Fokus – vor allem dann, wenn es mehrere Kaufinteressenten (Mitbewerber) gibt: Wie lassen sich die Betriebsgeheimnisse während der Verkaufsverhandlungen schützen? Klar ist: Der abgebende Unternehmer muss den potenziellen Käufern einen gewissen Einblick geben, damit diese sich überhaupt einen Überblick über den Betrieb verschaffen können. Gleichzeitig muss garantiert sein, dass keine Infos zu Dritten gelangen.  

Gesicherter Datenraum

Die Lösung: ein gesicherter Datenraum in Form einer Cloud, für den klar geregelt ist, welche Personen Zugriff haben. Sämtliche Zugänge werden inklusive Zeitangaben und der Info, welche Daten geöffnet wurden, protokolliert. In der Cloud sind für die Übernahme relevante Unterlagen des Unternehmens, wie etwa Jahresabschlüsse, Korrespondenzen mit dem Finanzamt, Lohnabrechnungen oder Arbeitnehmer-, Kunden- und Lieferantenverträge, hinterlegt. Zugriff darauf haben in der Regel die Rechtsanwälte und Steuerberater der kaufinteressierten Unternehmen, um alle Angaben im Rahmen einer Due Diligence im Vorfeld des Kaufes zu prüfen. Eine Verschwiegenheitsklausel und Geheimhaltungserklärung (non-dis­closure agreement) – festgehalten in einer Absichtserklärung (letter of intent) – verpflichtet alle Parteien zur Vertraulichkeit über den Inhalt der Verhandlungen und die ausgetauschten Informationen. Übrigens dürfen in diesem Fall auch keine mitbietenden Mitbewerber die Mitarbeitenden des zum Verkauf stehenden Unternehmen abwerben.   

Rechte der bisherigen Angestellten

Für alle Fälle des Verkaufs und der Übergabe des Unternehmens gelten für die bisherigen Angestellten besondere Rechte. Das klärt der Paragraf 613a BGB. Dieser regelt, dass alle Arbeitsverhältnisse bei der Übergabe an einen neuen Inhaber grundsätzlich fortbestehen und der neue Inhaber die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen übernimmt. Außerdem müssen die Mitarbeiter schriftlich über den Verkauf und dessen Folgen informiert werden. „Bevor Flurfunk entsteht, sollte der abgebende Unternehmer hier frühzeitig und klar kommunizieren“, betont Rechtsanwältin und Notarin Dr. Marie-Sophie Söbbeke von der gleichnamigen Kanzlei in Gronau-Epe. Sie rät: „Eine Betriebsversammlung, in der der Altinhaber persönliche Worte an die Belegschaften richten und sich erklären kann, ist ergänzend zur schriftlichen Information sicherlich hilfreich, da gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen enge und persönliche Beziehungen zwischen Führungsetage und Mitarbeitenden bestehen.“  

Aus steuerrechtlicher Perspektive

Der Verkauf an ein externes Unternehmen ist steuerrechtlich mit der Abgabe an einen Mitarbeitenden oder externen Geschäftsführer vergleichbar. Die bereits aufgeführten steuerrechtlichen Fallstricke und Kniffe – wie beispielsweise die unterschiedliche Besteuerung des Verkaufsgewinns bei einem Share Deal oder Asset Deal (siehe Fall 2) – gelten also auch in diesem Fall.  

Markus Efken, Steuerberater der Kanzlei Dr. Rudel, Schäfer & Partner in Melle, verweist dabei vor allem auf die unterschiedlichen Gestaltungsstrukturen der Rechtsform einer Unternehmensgruppe hin. „Handelt es sich bei dem zu verkaufenden Unternehmen um eine GmbH, die einer Holding untergeordnet ist, ist der Verkaufserlös, den der Altinhaber durch die Veräußerung der GmbH erzielt, nahezu steuerfrei. Das Geld kann dann zum Beispiel auch wieder innerhalb der Holdingsgesellschaft reinvestiert werden. Somit hat man dann eine steuerbegünstigte Transaktion vollzogen“, fasst er zusammen. Auch hier gelte wieder: sich frühzeitig Gedanken über die Unternehmensstruktur machen und Geschäftsbereiche, die an einen Nachfolger übergeben werden sollen, frühzeitig als GmbH ausgliedern und einer Holdingstruktur unterordnen. 

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