Landkreis Grafschaft Bentheim

Blickpunkt Digitalisierung: „Chancen jetzt optimal nutzen“

Nicht erst seit Corona ist die digitale Transformation eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Alle Regionen müssen sich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen, denn jeder gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Lebensbereich ist von ihr betroffen. In der Wirtschaftsförderung des Landkreises Grafschaft Bentheim ist Dr. Thorsten Heilker zentraler Ansprechpartner für betriebliche Digitalisierungsfragen. Im Interview verrät er, wie die Grafschaft in Sachen Digitalisierung aufgestellt ist, wo die größten Chancen der digitalen Transformation liegen und er wirft einen Blick auf die aktuellen Fördermöglichkeiten.

Dr. Thorsten Heilker sieht die Grafschaft auf einem guten Weg ins digitale Zeitalter (Foto: Landkreis Grafschaft Bentheim)

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Herr Dr. Heilker, in der Wirtschaftsförderung des Landkreises fungieren Sie als Ansprechpartner für Grafschafter Betriebe in Sachen „Digitalisierung“. Wie ist Ihr Eindruck: Ist das Thema in der Grafschaft angekommen?

Schon vor der Corona-Pandemie haben wir in der Grafschaft Bentheim die Digitalisierung als zentrales Zukunftsthema auf unsere Agenda gesetzt. Sie ist nicht weniger als ein weiterer Strukturwandel, den auch wir in der Grafschaft zu bewältigen haben, wenn wir unseren Standort zukunftsfähig halten wollen. Aber es besteht kein Grund zur Sorge: In der Grafschaft können wir Strukturwandel. Und so haben wir die notwendigen Schritte schon frühzeitig in die Wege geleitet, um die Chancen der Digitalisierung optimal zu nutzen.

Inwiefern?

Eine wesentliche Voraussetzung für ein Gelingen des digitalen Strukturwandels ist zunächst einmal, dass unsere Unternehmen überhaupt Zugang zu einer modernen Breitbandinfrastruktur haben. Denn ohne einen Glasfaseranschluss sind leistungsfähige, digitale Prozesse im Unternehmen und neue Geschäftsmodelle praktisch nicht realisierbar. Mit großem Aufwand wird deshalb bereits seit Jahren unter Federführung der Wirtschaftsförderung des Landkreises zusammen mit Kommunen und Versorgern in allen Teilen der Grafschaft am Aufbau eines flächendeckenden, leitungsgebundenen Breitbandnetzes gearbeitet. Verschiedene eigenwirtschaftliche Ausbauvorhaben flankieren und ergänzen unsere Bemühungen, sodass bereits mehr als 95 Prozent aller Adressen in der Grafschaft über einen Breitbandanschluss von mindestens 50 Megabit pro Sekunde verfügen. Spätestens 2023 wird die Quote bei annähernd 100 Prozent liegen.

Wie ist der Status Quo bei den Grafschafter Unternehmen in Sachen Digitalisierung?

Mit dem stetig wachsenden Glasfasernetz in der Grafschaft nimmt auch die Bedeutung der Digitalisierung in den Betrieben immer weiter zu. Das Thema hat bereits eine hohe Priorität in den Unternehmen, wobei in der Tat die Corona-Pandemie noch einmal für gehörigen Schub gesorgt hat. In der Summe weisen unsere Betriebe ganz unterschiedliche Digitalisierungsgrade auf, jedoch gibt es eigentlich keinen Betrieb, bei dem es keine Digitalisierungsbestrebungen gibt. Die Ansätze reichen von digitaler Zeiterfassung und Dokumentenmanagementsystemen bis hin zu Robotik, MES und künstlicher Intelligenz.

Wo sehen Sie die größten Chancen des digitalen Strukturwandels für die Grafschafter Wirtschaft?

Der digitale Strukturwandel bietet enorme Chancen. So bestehen aus meiner Sicht erhebliche Potenziale zur Steigerung der innerbetrieblichen Effizienz. Außerdem sorgen digitalisierte Prozesse für lückenlose Transparenz vom Auftrag bis zur Abrechnung des Produktes. Durch weitere Automatisierung kann dem Fachkräftemangel entgegenwirkt werden und es werden ganz neue Geschäftsmodelle entstehen, die den Markt bereichern.

Wo liegen die Risiken der digitalen Transformation?

Natürlich gilt es, die Veränderungsprozesse mit wachem Auge zu begleiten. So sollte zum Beispiel das Thema Datensicherheit auf keinen Fall auf die leichte Schulter genommen werden. Auch die Unternehmenskultur wird sich mit fortschreitender Digitalisierung im Betrieb verändern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen deshalb auf dem Weg unbedingt abgeholt und mitgenommen werden, wenn der betriebswirtschaftlich notwendige Digitalisierungsprozess nicht am Ende doch noch scheitern soll. Das größte Risiko sehe ich allerdings darin, dass einzelne Betriebe die Entwicklung schlicht verschlafen. Es steht enorm viel auf dem Spiel: wer hier jetzt nicht hellwach ist, der ist ganz schnell raus.

Wie können Sie die Grafschafter Unternehmen auf ihrem Weg in die digitale Zukunft konkret unterstützen?

Wir begleiten die betrieblichen Digitalisierungsprozesse durch eine ganze Reihe von Einzelprojekten, die auf die Unternehmen zugeschnitten sind. Außerdem hat die Wirtschaftsförderung den Anschluss ans Glasfasernetz mit Zuschüssen von bis zu 1.000 Euro gefördert, wenn die Unternehmen im Rahmen der verschiedenen Ausbauprojekte keinen Anschluss erhalten konnten. Ist der Anschluss an das Netz realisiert, kann es an die internen Prozesse gehen. Bis vor kurzem konnten Ansätze für ein digitales Prozessmanagement über das Förderprogramm „Netzwerk GEP“ der Euregio identifiziert werden. Das lief richtig gut. Derzeit arbeiten wir in der Wirtschaftsförderung an einer vergleichbaren Beratungsförderung, dem „Effizienz-Check 4.0“, die bereits im Herbst 2021 an den Start gehen soll. Losgelöst davon können innovative  Projekte zur digitalen Prozessoptimierung im Unternehmen mit tatkräftiger Unterstützung des Steinbeis-Transferzentrums Grafschaft Bentheim aufgespürt und umgesetzt werden. Unsere Berater greifen dazu auf ein bundesweites Netzwerk von mehr als 800 Experten zurück. Da bleibt keine Frage unbeantwortet. Weitere Möglichkeiten zur Vernetzung gibt es in der „IT-Achse“, das ist das Kompetenznetzwerk IT der regionalen Emsachse. Auch das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum des Landes und die Hochschulen der Region sind gute Partner in Sachen Digitalisierung.

Wie greifen Bund und Land den Unternehmen unter die Arme?

Der Bund und das Land Niedersachsen haben schon vor Corona einen breiten Fächer zur Förderung von Digitalisierungsprozessen aufgemacht. So bezuschussen der Bund über das Förderprogramm „Digital Jetzt“ und das Land über den „Digitalbonus.Niedersachsen“ Investitionen in die Verbesserung von Hard- und Software, um so Digitalisierungsprozesse zu beschleunigen. Speziell der Einzelhandel kann von der Digitalisierungsberatungsförderung des Landes „Digital aufgeLaden“ profitieren. Technisch ist aktuell schon sehr viel möglich. Was nützt es allerdings, wenn im Unternehmen niemand damit umgehen kann? Weiterbildung ist deshalb ein weiterer, zentraler Schlüssel zum Erfolg. Genau hier setzt das Programm „Weiterbildung in Niedersachsen (WiN)“ an, das Fortbildungen im digitalen Bereich einschließt.


Kontaktdaten:

Dr. Thorsten Heilker

Wirtschaftsförderung (Digitalisierungsberatung)

Tel.: 05921/96-2309

Mail: thorsten.heilker@grafschaft.de

 

 

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