2022 stiegen die Beitragseinnahmen der Provinzial im selbst abgeschlossenen Geschäft in der Schaden- und Unfallversicherung auf 4,1 Milliarden Euro (plus 4,3 Prozent). Die Beitragseinnahmen lagen damit über dem Marktwachstum (plus vier Prozent) und erstmalig über der Vier-Milliarden-Euro-Marke. Auch wurde die Zuwachsrate des vergangenen Jahres (plus 3,2 Prozent) deutlich übertroffen.
Zum Wachstum in der Kompositversicherung trugen nach Angaben der Provinzial alle regionalen Gesellschaften des Konzerns bei. In der Verbundenen Wohngebäudeversicherung betrug der Zuwachs 9,8 Prozent und lag damit klar über dem Marktdurchschnitt (acht Prozent). Die gesamten Beitragseinnahmen der Versicherungsunternehmen des Konzerns sanken 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 6,8 auf 6,5 Milliarden Euro. Hier habe sich ein Rückgang bei den Einmalbeiträgen im Lebensversicherungsgeschäft ausgewirkt, wie die Provinzial in einer Pressemeldung erklärt.
Im Vergleich zum durch die Unwetterkatastrophe „Bernd“ extrem belasteten Vorjahr (unter anderem durch die massiven Überflutungen und entsprechenden Schäden im Ahrtal) reduzierte sich die Schadenbelastung 2022 erheblich. Die Schadenaufwendungen sanken gegenüber dem Vorjahr um knapp 25 Prozent. Dennoch schlugen die Wintersturmserie des vergangenen Jahres sowie das Unwetter „Emmelinde“ im vergangenen Mai mit rund 400 Millionen Euro spürbar zu Buche. Zudem wirkten sich die Inflation und die gestiegenen Baukosten deutlich auf die Höhe der Schadenaufwendungen aus. Die Combined Ratio lag mit 98,5 Prozent (Markt: 95 Prozent) deutlich unter dem durch „Bernd“ geprägten Vorjahreswert (126,8 Prozent). Nachdem die Provinzial Finanzgruppe Holding AG 2021 noch aufgrund des aufgrund Unwetters „Bernd“ einen Verlust von 131,6 Millionen Euro verbuchen musste, lag der Jahresüberschuss nach Steuern im vergangenen Jahr wieder im positiven Bereich bei 84,5 Millionen Euro und übertraf damit die im Rahmen der Fusion des Provinzial Konzerns gesteckten Ergebnisziele.
Die Ratingagentur Fitch bewertete die Provinzial 2022 erneut mit einem „AA“-Finanzstärkerating. Fitch hob dabei die „starke Kapitalausstattung, das starke Unternehmensprofil und die sehr starke durchschnittliche versicherungstechnische Profitabilität“ hervor. Die Solvenzquote für den Konzern liegt mit 250 Prozent weiterhin auf einem hohen marktüberdurchschnittlichen Niveau. „Die Bewertungen unterstreichen, dass wir zukunftsfest aufgestellt sind und unverändert über eine hohe Resilienz und Substanzstärke verfügen“, so Konzernchef Breuer. „Daher sowie dank unserer exzellenten Vertriebspartner in den Provinzial Agenturen, der Zusammenarbeit mit den Sparkassen und dem für uns ebenso wichtigen Maklergeschäft sind wir hervorragend für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet.“
Zuwächse bei fondsgebundenen Policen
In der Lebensversicherung verzeichnete der Provinzial Konzern trotz der hohen Volatilitäten an den Finanzmärkten Zuwächse bei den fondsgebundenen Policen (plus 33 Prozent). Im Lebensversicherungsgeschäft gegen Einmalbeitrag gab es marktweit einen deutlichen Rückgang, der auch bei der Provinzial zu beobachten war. Die Zinssteigerungen führten in diesem Segment zu einer wesentlich geringeren Nachfrage und einem veränderten Anlageverhalten zugunsten von Nichtversicherungsprodukten. Die Beitragseinnahmen in der Lebensversicherung betrugen gingen im Vergleich zum Vorjahr zurück und lagen insgesamt bei 2,24 Millionen Euro (minus 17,8 Prozent).
2023: Komposit-Neugeschäft legt zu
Während im Lebensversicherungsgeschäft aufgrund der allgemeinen Marktsituation in den ersten Monaten noch keine Trendumkehr zu verzeichnen war, setzte sich in der Schaden- und Unfallversicherung im ersten Quartal die positive Entwicklung des vergangenen Geschäftsjahres fort. Das Neugeschäft der Kompositversicherungsunternehmen des Konzerns legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich zu. „Wir rechnen auch 2023 wieder mit einem marktüberdurchschnittlichen Beitragswachstum. Nach derzeitigem Stand sind gut sieben Prozent möglich“, blickt Breuer optimistisch auf das weitere Geschäftsjahr. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft geht für das Jahr 2023 von einer Gesamtentwicklung im Schaden-/Unfallgeschäft von 5,7 Prozent aus.
Fusion der Lebensversicherer geplant
Im Zeitplan befindet sich der Provinzial Konzern im Hinblick auf die Planungen zu einem gemeinsamen Lebensversicherer. Dieser soll – vorbehaltlich der Genehmigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) – planmäßig im Jahr 2024 aus der Provinzial Rheinland Lebensversicherung AG und der Provinzial NordWest Lebensversicherung AG gebildet werden. „Mit dem neuen gemeinsamen Unternehmen würde unter dem Dach des Provinzial Konzerns ein noch größerer Player entstehen und könnte so weitere Effizienzsteigerungen erzielen“, so der Vorstandschef. Weiterhin gelte, dass der Run-off von Versicherungsbeständen kein Thema für den Konzern ist.
Digitalisierungsprojekte
Aktuell setzt die Provinzial zudem eine Reihe von Digitalisierungsprojekten im Konzern fort. So wird derzeit unter anderem die Systemlandschaft modernisiert, um eine einheitliche, technologisch fortschrittliche Prozess- und Anwendungslandschaft zu etablieren.
Für ein konzernweites Kfz-System arbeitet die Provinzial mit FaktorZehn zusammen, einem Anbieter von Versicherungssoftware. Der Hauptfokus liegt hier zunächst auf der Einführung eines neuen vertriebswege- und kundensegmentübergreifenden Kfz-Bestandsystems.
Auch Technologien der Künstlichen Intelligenz kommen bei der Provinzial zum Einsatz. So werden im Bereich des Input-Managements Deep Learning Modelle verwendet, um eingehende Textdokumente (aus Post, Mail, Fax, Scan) zu klassifizieren, das Routing zur Sachbearbeitung zu optimieren und einzelne Prozesse zu automatisieren.
In einem Provinzial-eigenen Geo-Informationssystem zur Gebäudewertermittlung dienen Neuronale Netze aus der Bilderkennung dazu, zum Beispiel Photovoltaikanlagen auf Luftbildern zu identifizieren. Die Daten sind an die Provinzial-Tarifrechner angebunden und unterstützen somit den Angebots- und Antragsprozess für Vertriebspartner und Kunden.
Auch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Technologie rund um ChatGPT werden bei der Provinzial intensiv verfolgt. Momentan wird beispielsweise in verschiedenen Testbereichen untersucht, wie „große Sprachmodelle“ und andere Technologien zur Erkennung und Segmentierung von Texten und Bildern eingesetzt werden können.
Auf digitale Innovationen setzt die Provinzial auch bei der Vertriebsunterstützung der Sparkassen. So bieten mittlerweile mehr als die Hälfte aller Sparkassen – inzwischen 56 im Geschäftsgebiet des Provinzial Konzerns – ihren Kunden kostenlos den S-Versicherungsmanager (S-VM) an. Diese digitale Lösung zur Verwaltung, Analyse sowie zum Abschluss von Versicherungsverträgen wurde in Zusammenarbeit der öffentlichen Versicherer für die Sparkassen entwickelt.
Provinzial vielfach ausgezeichnet
Die Provinzial wurde 2022 erneut vielfach ausgezeichnet, etwa für die höchste Kundenzufriedenheit, eine besonders faire Schadenregulierung und eine sehr hohe Beratungsqualität. In Erhebungen zur Arbeitnehmerzufriedenheit schneidet die Provinzial im Branchenvergleich regelmäßig als hervorragender Arbeitgeber ab. Auf der Weiterempfehlungsplattform kununu landete der Konzern unter den besten fünf Prozent und gehört damit zur Kategorie Top Company. Im Arbeitgeber-Ranking der „Versicherungswirtschaft heute“ belegte die Provinzial Platz drei. „Wir wollen unsere Rolle als wichtiger Arbeitgeber in den Regionen auch künftig weiter festigen. Daher intensivieren wir unsere Maßnahmen, um Fachkräfte sowie noch mehr qualifizierten Nachwuchs zu finden und zu binden“, betont Breuer. Dazu wurde zum Beispiel das Projekt #NewGeneration gestartet, um die Arbeitgeberattraktivität der Agenturen vor Ort und die Arbeitgebermarke der Provinzial weiter zu stärken. Die Zahl der neu angebotenen Ausbildungsplätze im Innendienst wird zum 1. August um 30 Prozent auf 130 Stellen erhöht, im Außendienst konzernweit ebenfalls um bis zu 30 Prozent auf 250.
Klimaschutz
Verantwortung übernimmt der Provinzial Konzern mit zahlreichen Aktivitäten im Rahmen seiner Klimaschutzstrategie. So soll der Geschäftsbetrieb des Konzerns bis 2025 klimaneutral sein. Zudem hat sich die Provinzial zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad zu leisten. Deshalb werden die Kapitalanlagen des Konzerns in Assets gesteuert, deren CO2-Abdruck die Umsetzung dieses Klimaziels unterstützt.
Am 9. Mai war die Provinzial als Teil des Netzwerks der Klimaschutz-Unternehmen Gastgeber des Klimaschutztages 2023 in Münster. Unter dem Motto „Nachhaltig wirtschaften – Zukunft sichern“ diskutierten Vertretende aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Fachforen darüber, wie die Transformation in Richtung klimaneutraler Wirtschaft gelingen kann. Zu den prominenten Gästen zählte auch die nordrhein-westfälische Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur. „Wir wollen mit vorangehen und Verantwortung übernehmen – als öffentlicher Versicherer, Investor und Arbeitgeber“, betonte Breuer. Dazu zählen auch ganz konkrete Projekte. Mit seiner unlängst auf den Markt gebrachten nachhaltigen Privat-Haftpflichtversicherung unterstützt der Konzern zum Beispiel die Wiederherstellung eines großflächigen Moorgebietes im Landkreis Cuxhaven zur Aufrechterhaltung der Biodiversität – je neu abgeschlossenem Vertrag werden bei zwei Produktvarianten jeweils zwei Quadratmeter renaturiert.
Im Rahmen ihres Mobilitätskonzepts, das auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie von Sharing-Angeboten für Dienstreisen setzt, bezuschusst die Provinzial das Deutschland- oder Jobticket für ihre Beschäftigten mit 20 oder 25 Euro für Azubis monatlich.
Gesellschaftliches Engagement
Mit einem umfangreichen gesellschaftlichen Engagement ist der Konzern im Geschäftsgebiet präsent. „Unsere Nähe und unser Engagement vor Ort ermöglichen uns dabei eine besondere Perspektive. Durch unser Geschäftsmodell sind wir unverändert in den Regionen verwurzelt und wissen, was die Menschen vor Ort bewegt. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, uns dort auch konstant für gemeinwohlorientierte Vorhaben zu engagieren. Als Versicherer der Regionen übernehmen wir Verantwortung für unsere Kunden – als Arbeit- sowie Auftraggeber und in den Bereichen Kunst, Kultur, Sport, Soziales sowie Umwelt“, sagt Breuer.
Auch stellte der Konzern für Ukraine-Hilfsprojekte eine halbe Millionen Euro bereit. Über Spenden aus der Belegschaft, die vom Unternehmen um die Hälfte aufgestockt wurden, kamen bis Ende 2022 weitere 140.000 Euro zusammen, die an über 50 Initiativen verteilt wurden.
Zum HIntergrund
Der Provinzial Versicherungskonzern mit Hauptsitz in Münster gehört zu den großen deutschen Versicherungsgruppen und hat nach eigenen Angaben fünf Millionen Kundinnen und Kunden. Im Geschäftsgebiet des Konzerns im Norden und Westen Deutschlands leben rund 26 Millionen Menschen. Rund 12.000 Menschen sind für den Konzern im Innen- und Außendienst tätig, dazu knapp 1.000 Auszubildende. Die Betreuung der Kundinnen und Kunden erfolgt durch die Vertriebspartner in mehr als 1.300 Provinzial Agenturen, 116 Sparkassen mit ihren Filialen sowie durch die Zusammenarbeit mit Maklern.