Münster

„New Work ist kein Hype“

Münster – Neue Büroflächen zu planen und vorhandene Raumstrukturen neu zu denken, ist das Tagesgeschäft von projekt K aus Münster. Im Interview erklären Geschäftsführer Michael Unckel und Beraterin Andrea Lobe, welche Rolle der Trend New Work bei ihrer Arbeit spielt und wie Unternehmen dieses Konzept für moderne Arbeitswelten in die Praxis umsetzen können.

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Das Schlagwort „New Work“ ist zurzeit in aller Munde, wenn es um die Gestaltung von modernen Arbeitswelten geht. Was bedeutet New Work für Sie?
Michael Unckel: New Work als moderne Form des Arbeitens lässt sich in drei Säulen unterteilen. Erstens: der physische Arbeitsplatz an sich, der sich mit Möbeln, Wandelementen, Technik, Beleuchtung und Akustik entsprechend flexibel je nach Anforderung umgestalten lässt. Der zweite Baustein sind die Tools, die zum Einsatz kommen, um agiler, flexibler und digitaler zu arbeiten. Damit meine ich nicht eine Kamera für Videokonferenzen – daraus wächst noch lange kein New Work-Konzept. Es sind vielmehr die verschiedenen Methoden, die das Arbeiten und Kommunizieren effizienter machen, wie etwa Design Thinking oder Scrum. Inwiefern sich ein New Work-Konzept überhaupt umsetzen lässt, hängt aber – drittens – von der Kultur eines Unternehmens ab. Sowohl die Chefetage als auch die Mitarbeitenden müssen bereit sein, bisherige Strukturen am Arbeitsplatz zu hinterfragen, und offen für neue Ideen sein.

Mit projekt K beschäftigen Sie sich mit dem ersten Baustein von New Work: mit der Planung und Umgestaltung von Büroflächen. Ist New Work für Sie überhaupt noch ein so revolutionärer, neuer Ansatz?
Unckel: Nein, tatsächlich beschäftigen wir uns als Generalunternehmen für die Büroflächenplanung schon sehr lange damit, wie sich Arbeitsplätze effizienter gestalten lassen. Nun hat man mit „New Work“ ein Buzzword dafür gefunden, das zurzeit sehr präsent ist. Aber klar ist auch: New Work ist kein Hype, sondern eine langfristige, grundsätzliche Veränderung von Arbeitswelten. Jedes Unternehmen wird sich auf kurz oder lang damit beschäftigen müssen. 

Warum?
Unckel: Die Corona-Pandemie und der dadurch bedingte Wechsel vieler Mitarbeitenden ins Home­office haben Unternehmen vor die Herausforderung gestellt, wie sie ihr Team nun wieder zurück ins Büro bekommen. Gefragt sind Räumlichkeiten, in denen sich die Mitarbeitenden wohlfühlen und konzentriert arbeiten können – ähnlich wie in ihren eigenen vier Wänden –, aber in denen sie im Gegensatz zum Homeoffice auch die Möglichkeit haben, sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen oder sich in einer lockeren Atmosphäre inspirieren zu lassen. Wer seinem Team diese Rahmenbedingungen nicht bieten kann, wird vor allem mit Blick auf die jüngere Generation, die Flexibilität und Agilität am Arbeitsplatz einfordert, kein attraktiver Arbeitgeber mehr sein und den Anschluss verlieren. Angesichts des allgegenwärtigen Fachkräftemangels gilt es aber auch, die vorhandenen Mitarbeitenden ans Unternehmen zu binden. Auch für diese Zielgruppe spielt die Zufriedenheit am Arbeitsplatz eine große Rolle.

Andrea Lobe: Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und Jobsuchenden haben sich geändert. Früher waren der Jobstatus und das Gehalt ausschlaggebend. Heute sind es die Work-Life-Balance, die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit und eben auch, wie kreativ und agil sich Aufgaben bearbeiten lassen. Das Zusammenkommen von Menschen am Arbeitsplatz hat dadurch einen ganz andere Stellenwert bekommen. Für die Praxis heißt das: Unternehmen müssen ihre vorhandenen Räumlichkeiten prüfen und gegebenenfalls anpassen. 

Lassen Sie uns gerne einmal einen Blick in die Praxis werfen. Inwiefern wirkt sich New Work auf Ihre Arbeit als Generalunternehmen für die Büroflächenplanung konkret aus?
Unckel: Unternehmen ist insbesondere die Flexibilität ihrer Büroflächen wichtig. Wie sie in drei oder fünf Jahren arbeiten, lässt sich schwer voraussagen – denn wie schnell sich Rahmenbedingungen verändern können, haben wir in den vergangenen Jahren erlebt. Die flexible Raumgestaltung ist deshalb im Sinne von New Work ein zentrales Element. Das heißt für uns: Wir planen Büroetagen, die sich auch noch in ein paar Jahren mit mehr Mitarbeitenden als zuvor nutzen lassen und die sowohl konzentriertes Arbeiten ermöglichen als auch Gelegenheiten bieten, in entspannter Atmosphäre zusammenzukommen. Anstatt fester Wände verwenden wir daher zum Beispiel Glastrennwände, die sich je nach Bedarf einsetzen und verschieben lassen. 

Lobe: Wir setzen vor diesem Hintergrund verstärkt auf sogenannte Kommunikationsflächen. Diese bestehen zum Beispiel aus Sofa-ähnlichen Sitzgelegenheiten, die durch einen seitlichen Schutz Schall absorbieren und über entsprechende Anschlüsse für Notebook und Co. verfügen. Dorthin können sich Mitarbeitende zurückziehen, um ungestört alleine oder in kleinen Teams temporär zu arbeiten und sich auszutauschen, ohne dass sie komplett abgeschottet sind. Agiles Arbeiten wird durch die Kommunikationsflächen gefördert.  

Unckel: Ein weiteres spannendes Einrichtungselement ist die sogenannte Dancing Wall. Das ist ein mobiler Raumteiler, der multifunktional ausgelegt ist. In eine Dancing Wall kann zum Beispiel ein Bildschirm mit Kamera für Videokonferenzen integriert werden. Darüber hinaus lässt sich die Fläche auch als Whiteboard nutzen. Akustikpaneele auf der Rückseite sorgen dafür, dass der Schall im Raum reduziert wird – anstelle der Paneele können Pflanzen angebracht werden, sodass die Dancing Wall auch optisch ein Hingucker ist. Sie ist damit das perfekte Beispiel für ein Büromöbel in Sinne von New Work: Das Möbelstück selbst verändert sich nicht, aber es kann flexibel je nach den Bedürfnissen der Mitarbeitenden angepasst und genutzt werden.

Apropos Flexibilität: Bei der Büroflächenplanung in Neubauten haben Sie die Möglichkeit, von Anfang an die entsprechenden Strukturen mitzugestalten. Bei Bestandsimmobilien ist das schon schwieriger. Wie kann es dennoch gelingen, auch in vorhandenen Gebäuden flexible Arbeitsumgebungen zu schaffen? 
Unckel: Tatsächlich unterschätzen viele Unternehmerinnen und Unternehmer, was in Bestandsimmobilien noch möglich ist. Tragende Wände sind nicht der limitierende Faktor, der ihnen häufig zugesprochen wird. Auch in vorhandenen Gebäuden lassen sich Räume öffnen und verändern. Neben der Raumaufteilung und den Möbeln spielen im Sinne von New Work aber auch die Farbauswahl, die Bepflanzung und der Bodenbelag eine Rolle, um eine entsprechend angenehme Atmosphäre zu schaffen. 

Lobe: Der Klassiker in Bestandsgebäuden sind lange, dunkle Flure. Da reicht es oftmals schon, die Bürowände zum Flur gegen Glaswände zu tauschen und somit mehr Licht hereinzuholen. Dadurch entsteht gleich ein ganz andere Atmosphäre. Nischen lassen sich als temporäre Arbeitsräume nutzen, etwa für Touch-down-Arbeitsplätze, für kurze Meetings an Stehtischen oder für eine Küchenzeile. Das fördert auch die Kommunikation und den Ideenaustausch untereinander – dieser Wissenstransfer würde nicht stattfinden, wenn alle Mitarbeitenden für sich im Büro sitzen, sich aber ansonsten nicht viel sehen oder keine Gelegenheit haben, zusammenzukommen.

Was können Unternehmen tun, die dafür nur ein kleines Budget zur Verfügung haben?
Unckel: Es muss nicht immer gleich der ganz große Wurf sein. Wir haben sehr gute Erfahrung damit gemacht, dass wir bei unseren Kundinnen und Kunden zunächst nur eine Etage oder eine Abteilung als Pilotprojekt umgestalten – beispielsweise mit neuen Möbeln, neuer Wandfarbe und einem neuen Bodenbelag. So können wir testen, was gut angenommen wird und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt, bevor wir das Konzept auf die gesamte Bürofläche ausrollen. Bei der Investition in neue Büromöbel kann alternativ auch ein Leasingmodell attraktiv sein. Eine feste Leasingratenzahlung gibt Unternehmen die nötige finanzielle Flexibilität und Planungssicherheit.

Welche Tipps haben Sie für Unternehmen, die New Work in ihren Bürostrukturen implementieren wollen, aber nicht sicher sind, wo und wie sie anfangen sollen?
Unckel: Einen ersten Aufschlag können Unternehmen mit der Umgestaltung ihrer Gemeinschaftsbereiche – also Küche, Pausenraum oder Besprechungszimmer – machen. Dafür lassen sich die Mitarbeitenden als Hauptnutzer mit ihren Wünschen und Anregungen gut einbinden. Neben der neuen Einrichtung liegt ein besonderes Augenmerk auf der Akustik. Denn wenn die Geräuschkulisse in einem Raum zu hoch und störend ist, dann wird er vermutlich nur selten genutzt. Boden-, Wand- und Deckenelemente, die Schall abfangen, können da Abhilfe schaffen. 

Lobe: Der größte Fehler, den Unternehmen machen können, ist, die Mitarbeiterorientierung zu verlieren. Ein Beispiel: Wer Hals über Kopf entscheidet, aus den bisherigen Einzelbüros nun ein Großraumbüro mit wechselnden Arbeitsplätzen zu machen, wird mit dieser Idee vermutlich nicht bei jedem auf Gegenliebe stoßen. Offene Strukturen sind eben nicht für jede Abteilung geeignet, insbesondere nicht, wo viel telefoniert oder mit sensiblen Daten gearbeitet wird. Insofern ist die wichtigste Anforderung bei New Work: Die Mitarbeitenden müssen mit im Boot sitzen. Sie müssen mitentscheiden und Feedback geben können, wie ein sinnvoller Arbeitsplatz aussehen kann.

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