Aus der Region

Handwerkswirtschaft blickt sorgenvoll ins neue Jahr

Osnabrück – „Die Energiekrise hat sich etwas entspannt und die Stimmung in den über 11.000 Handwerksbetrieben mit ihren mehr als 100.000 Mitarbeitenden im Kammerbezirk ist besser als noch vor zwei Monaten“, diese vorläufige Bilanz zog der Präsident der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim, Reiner Möhle, im Rahmen der jüngsten Vollversammlung in Osnabrück.

Für seinen langjährigen ehrenamtlichen Einsatz in den Organisationen des Handwerks wurde Edgar Kleemann aus Badbergen (rechts) die Goldene Ehrennadel des Handwerks der Region von Kammerpräsident Reiner Möhle anlässlich der Vollversammlung verliehen. Bild: HWK/Lehr

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Rückblickend sei das Handwerk in der Region relativ gut durch die Pandemie gekommen, auch wenn es die personenbezogenen Dienstleister wie Friseure und auch das Lebensmittelhandwerk stärker getroffen habe, als andere Handwerksbereiche. Für 2023 prognostiziert Möhle allerdings eine schwierige konjunkturelle Entwicklung. Der Geschäftsklimaindex fiel innerhalb eines Jahres um 37 Punkte – ein noch nie in solcher Dimension verzeichneter Rückgang.

„Seit mehr als 15 Jahren hat das Handwerk kontinuierlich positive Bilanzen gemeldet, trotz Corona. Aber für die kommenden Monate mache ich mir Sorgen“, räumte Möhle in seinem Bericht ein. Inflation, Energiepreise und die Folgen des Ukraine-Krieges ließen die Stimmung sinken und führten vermehrt zu Existenznöten. „Es stimmt bedenklich, wenn eine Gas-Energieeinsparung von rund 20 Prozent durch eine reduzierte Produktion entstanden ist“, so der Kammerpräsident. Auch würden steigende Zinsen und der erhebliche Materialmangel sowie die damit verbundene massive Verteuerung zu einem Einbruch der Auftragseingänge führen. In diesem Zusammenhang sprach Möhle auch von einem sich verschärfenden Fachkräftemangel, der das Leistungsspektrum der Handwerkswirtschaft enorm einschränken werde: „Der Nachwuchsmangel ist ein weiterer ‚Preistreiber‘, denn die immensen Herausforderungen wie Infrastrukturmaßnahmen und die Bewältigung der Klimawende müssen unsere Betriebe mit immer weniger Mitarbeitenden leisten.“

Das bestätigte auch Hauptgeschäftsführer Sven Ruschhaupt. Die Kammer registrierte ein Minus von rund fünf Prozent bei den neu abgeschlossenen Lehrverträgen. „Wir sind zwar immer noch eine der ausbildungsstärksten Regionen Deutschlands, aber die Kurve geht seit zehn Jahren stetig nach unten.“ Den Koalitionsvertrag der neuen niedersächsischen Landesregierung bewertet Ruschhaupt aus Sicht des Handwerks als durchwachsen: „Positiv ist die geplante Einführung des Azubi-Tickets für 29 Euro pro Monat sowie die Fortführung der Meisterprämie, der Meistergründungsprämie und des Mikrostarterprogramms. Mit Blick auf die Berufsorientierung haben wir uns aber konkretere Aussagen gewünscht.“ Wichtig sei vor allem, die Leistungsfähigkeit und die zeitgemäße Ausstattung der Bildungszentren zu garantieren. Unverzichtbar seien daher Investitionen in den Neubau und die Modernisierung von Werkstätten im gesamten Kammerbezirk.

Im Rahmen der Vollversammlung wurde zudem Edgar Kleemann mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet. Kleemann stammt aus Badbergen und war von 1999 bis 2004 stellvertretendes Vollversammlungsmitglied der Gesellenseite, dann bis August 2021 ordentliches Vollversammlungsmitglied. Von 2014 bis 2019 war Edgar Kleemann auch stellvertretendes Mitglied im Rechnungsprüfungsausschuss. Seit 2008 war er zudem stellvertretendes Mitglied der Arbeitnehmer-Gruppe im Berufsbildungsausschuss der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland. Kleemann hat sich insgesamt 23 Jahre für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handwerk der Region eingesetzt. „Das verdient unseren höchsten Respekt“, so Kammerpräsident Reiner Möhle anlässlich der Ehrung auf der Vollversammlung. Kleemann hatte vor zwei Jahren den Rentnerstatus erlangt und somit auch seine Ämter niedergelegt. Eine offizielle Verabschiedung war aufgrund der Einschränkungen bis jetzt nicht möglich. 

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