Kreis Borken

Ein Elefantenrüsselfisch als Vorbild

In den vergangenen Jahren haben kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in der deutsch-niederländischen Grenzregion und vor allem im Kreis Borken mit der Zukunftstechnologie Bionik einen sehr großen Innovationssprung nach vorne gemacht. Regierungspräsidentin Dr. Dorothee Feller machte sich bei einem Besuch der beiden Unternehmen Haake in Vreden und Grunewald in Bocholt sowie bei Toxikologe Dr. Gregor Luthe in Gronau ein Bild von ihren aktuellen Bionik-Projekten.

Regierungspräsidentin Dorothee Feller besuchte drei Teilnehmer des Förderprojekts "BIK - Bionik in KMU" im Kreis Borken. Vorne links: Bürgermeister Tom Tenostendarp, Regierungspräsidentin Dorothee Feller, André Haake, Jonas Haake; Hinten links: Dr. Markus Könning, Prof. Dr. Tobias Seidl, Helmut Teiting, Christian Micheel, Herman-Josef Raatgering, Dr. Michael Bennemann

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Dank des Interreg VA-Programms Deutschland Nederland „BIK – Bionik in KMU“ haben viele KMU natürliche Vorbilder genutzt, um Prozesse zu verbessern oder völlig neue Produkte und Technologien nach dem Beispiel der Natur zu entwickeln und zu vermarkten. Insgesamt standen dafür 2,7 Millionen Euro zur Verfügung. Das BIK-Einzugsgebiet umfasste die Euregio Ems-Dollart-Region und die Euregio.

 

Allein im Kreis Borken wurden 17 Unternehmen über konkrete Bionik-Anwendungen in ihren Betrieben im Rahmen der Förderstufen eins und zwei informiert und intensiv von den Bionik-Experten der Westfälischen Hochschule beraten. Vier Unternehmen befassten sich mit sogenannten „Demonstratorentwicklungen“ (Stufe drei und vier). Zwei weitere Unternehmen durchliefen weitere Stufen des Programms bis zur Prototypentwicklung (Stufe drei bis Stufe fünf). Haake, Grunewald und Luthe haben alle Stufen des BIK erfolgreich durchlaufen. Regierungspräsidentin Feller zeigte sich beeindruckt: „Ist etwas, was seit Millionen Jahren von der Natur gemacht wird, innovativ? Aus Sicht der Natur lautet die Antwort: ‚Nein‘. Übertragen auf Produkte, Prozesse und Dienstleistungen innerhalb von KMU lautet die Antwort. ‚Durchaus!‘ Davon konnte ich mich überzeugen.“

 

Haake, Vreden – Untersuchung von Kapazitiven und Drucksensoren

 

Seit mehr als 30 Jahren ist Haake Technik in Vreden in der Entwicklung und Fertigung von Sicherheitstechnik erfolgreich tätig. Das Familienunternehmen entwickelt und produziert selbstständig Schaltleisten, Safety Bumper, Schaltmatten, Schalter sowie Tür- und Ventilverriegelungen. „Arbeits- und Maschinensicherheit haben bei uns höchste Priorität“, betonte Jonas Haake, der das Unternehmen gemeinsam mit seinem Vater André Haake führt. In der Industrie für Sicherheitsanwendungen spielen Kapazitive und Drucksensoren in den Bereichen Personenerkennung, Mensch-Roboter-Interaktionen und Kollisionsdetektion eine wichtige Rolle. Als bionische Inspirationsquelle im Rahmen von BIK nutzte Haake den Tastsinn der menschlichen Hand und den Elefantenrüsselfisch als Vorbild. So entwickelte das Unternehmen gemeinsam mit den Forschungspartnern Sensoren, die eine Person bereits erkennen, bevor sie den Gefahrenbereich überhaupt berühren. Als eines der wenigen Unternehmen bei BIK holte sich Haake dabei das Wissen direkt ins Unternehmen: Über die Landesförderung „Karriereweg FH-Professur“ ist mit Dr. Michael Bennemann ein Bionik-Experte bei Haake beschäftigt. „Wir sind stets offen für Neues und sehen die Bionik als Chance und wertvolle Inspirationsquelle für unsere Forschung und Entwicklung“, so Geschäftsführer André Haake. „Ohne die Kooperation mit der Westfälischen Hochschule wäre ein solches Projekt für uns nicht umsetzbar gewesen“, hob er hervor. Auch Feller freute sich über die gute Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft: „Die Hochschulen in unserer Region sind die Innovationsabteilungen der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die enge Verzahnung von Betrieben und Hochschulen ist deshalb enorm wichtig.“

 

Grunewald, Bocholt – Bionische Optimierung der Schneidkantengeometrie von Stanzwerkzeugen und Leichtbaulösungen

 

„Wir setzen bereits seit einigen Jahren bionische Methoden und Ansätze ein. Wir haben uns in dem Projekt zunächst um bionische Optimierungen für Schneidkanten gekümmert. Aktuell widmen wir uns vor allem dem Thema ‚bionischer Leichtbau‘, da hier enormes Potenzial auch bei unseren Kunden gesehen wird“, erklärte Geschäftsführer Ulrich Grunewald beim Besuch der Regierungspräsidentin. Das Unternehmen ist deutschlandweit mit mehreren Standorten im Werkzeug- und Formenbau sowie im Bereich Entwicklung und Optimierung metallischer Bauteile und Kunststoffkomponenten von der Konstruktion, über den Prototypenbau und Vorserie bis hin zu Serienfertigungsverfahren tätig. Im Rahmen von BIK beschäftigte sich Grunewald intensiv mit der Optimierung seiner Stanzvorrichtungen. Sie ermöglichen eine langanhaltende Qualität der Stanzkante, verlängern so die Standzeit der Stanzvorrichtung und machen eine manuelle Nachbearbeitung möglichst überflüssig. Nach dem Vorbild von Zähnen bei Tieren wurden unterschiedliche Aspekte untersucht. Für die erfolgreiche weitere Implementierung der Bionik bei Grunewald sorgen unter anderem Bionik-Absolventen der Westfälischen Hochschule, die bei dem Bocholter Unternehmen angestellt sind.

 

New line soft/Smart material printing – Bionischer Staubsauger entfernt Nanopartikel

 

Nicht nur bei Staub, sondern auch bei Viren unterstützt das Prinzip des bionischen Staubsaugers dabei, ultrafeine Partikel zu vergrößern, um diese dann zu filtern oder zu zerstören. Hinter dem Agglomerieren zu größeren Partikeln verbirgt sich ein Prinzip, das von Fledermäusen kopiert wurde. Der Toxikologe, Chemiker und Nanotechnologe Professor Dr. Gregor Luthe hat die neuartige Technologie mit seinem Forscherteam entwickelt. Eduard Schubert hat die Technologie aufgegriffen und 2020 das Start-up Airbion in Gronau gegründet, das die Luftfilter nach dem von Luthe entwickelten Prinzip produziert.

 

WFG für den Kreis Borken unterstützt Bionik-Projekte

 

Die WFG für den Kreis Borken engagiert sich seit vielen Jahren intensiv im Bereich der Bionik. Im Rahmen des Interreg Projektes „BIK - Bionik in KMU“ übernahm sie gemeinsam mit den Partnern tcnn, Emsland GmbH und Novel T die intensive Betreuung und Beratung der Unternehmen während der Projektlaufzeit. Für einen niederschwelligen Zugang der Firmen zu Interreg-Mitteln sah BIK eine gestufte Beantragung vor. Die Förderung erstreckte sich von zu 100 Prozent geförderten Aufschluss- und Intensivberatungen (Stufen eins und zwei), über umfangreiche Machbarkeitsanalysen (Stufe drei, 75 Prozent Zuschuss) bis zur jeweils mit 50 Prozent Zuschuss unterstützen Demonstrator- (Stufe vier) und Prototypenentwicklung (Stufe fünf). „Es freut mich sehr, dass das Interreg-Förderprogramm ‚BIK – Bionik in KMU‘ so gut angenommen wurde und auch viele neue Ansätze und Verbesserungen hervorgebracht hat. Das stimmt mich für die folgende Interreg-Phase, die Ende 2021 beziehungsweise Anfang 2022 beginnt, zuversichtlich“, betonte Dr. Markus Könning, Leiter der WFG-Innovationsberatung.

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