Münster

Agriportance: „für eine Gründung vorbildlich“

Münster – Vor gut einem halben Jahr ist das Unternehmen agriportance in Münster gestartet. Die beiden Gründer Henning Dicks und Thorsten Rohling besetzen mit ihrem Unternehmen eine Nische: Sie vermitteln Biomethan zwischen landwirtschaftlichen Produzenten und abnehmenden Betrieben. Existenzgründungsberater Alexander Kelm von der Technologieförderung Münster hat dem Start-up nun einen Besuch abgestattet.

Henning Dicks (links), Thorsten Rohling (Mitte) und Johann Graver sind Pioniere auf dem Gebiet der Biomethan-Vermittlung. Foto: TFM Münster/Martin Rühle

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Kelm bescheinigt den Machern Henning Dicks und Thorsten Rohling eine „große Zukunft“. Das Start-up profitiere vom Trend zu klimaneutraler Mobilität in einer Nische mit starken Wachstumschancen.

Biomethan dient der Produktion von Elektrizität und Wärme in Blockheizkraftwerken, Gaswärmepumpen und Motoren zum Antrieb von Schiffen, Lkws oder Pkws. Als erneuerbarer Treibstoff für Pkw oder Lkw ergänzt er Elektro- und Wasserstoffmobilitätslösungen im Zuge der Verkehrswende. „Die Kombination aus landwirtschaftlichem Fachwissen und dem Verständnis für digitale Geschäftsmodelle öffnet den beiden Jungunternehmern bei landwirtschaftlichen Produzenten und Abnehmern aus dem Kraftstoffsektor Tür und Tor“, betonte Kelm. Der gelernte Landwirt und studierte Agrarwissenschaftler Dicks sowie der Softwareexperte Rohling haben eine digitale Plattform entwickelt, die Anbieter und Nachfrager miteinander verbindet. „Durch die Digitalisierung unserer Prozesse ist es uns möglich, mit niedrigen Transaktionskosten Biomethan zu vermitteln. Das macht das Geschäft für beide Seiten profitabel“, erklärt Rohling. „Produzenten und Abnehmer haben den vollen Überblick über die Zahlungsflüsse aller Seiten. Das ist bei der Beteiligung von zwischengeschalteten Händlern mit einem ausgeprägten Gewinnstreben nicht der Fall. Diesem bisherigen Gebaren wollen wir entgegenwirken.“

Inzwischen vermitteln die Jungunternehmer das Biomethan für 50 Betriebe, mit sieben Erzeugern bestehen feste Lieferverträge. Dazu zählt seit kurzem zum Beispiel die langfristige Lieferungsvereinbarung zwischen der Ruhe Agrar GmbH, agriportance und dem Energie- und Tankstellenunternehmen Q1 Energie AG aus Osnabrück. Ab Sommer 2022 werden täglich etwa 2,3 Tonnen Bio-LNG pro Tag erzeugt. Diese Menge des alternativen Biokraftstoffs entspricht etwa 3.500 Liter fossilem Diesel. Pro Jahr bedeutet das eine äquivalente Dieselmenge von etwa 1,3 Millionen Liter bzw. jährliche CO2-Einsparung von sechs bis sieben Millionen Kilogramm CO2.

Agriportance begleitet die produzierenden Unternehmen bzw. Landwirte durch den erforderlichen Nachhaltigkeits-Zertifizierungsprozess. Das Unternehmen unterstützt sie mittels der selbst entwickelten Software für Treibhausgas-Bilanzen, um im Anschluss das Biomethan mit der sogenannten Treibhausgas-Quote an Abnehmer zu vertreiben. „Beim Aufbau unseres Unternehmens haben wir aus unzähligen Gesprächen mit Marktakteuren mitgenommen, dass die zur Biomethan-Produktion nötige Treibhausgas-Bilanz und die Zertifizierung eine enorme Herausforderung für die Produzenten darstellen“, erläuterte Dicks. Als weitere Hürde entpuppte sich in den Gesprächen der Vertrieb, „was wir so auf keinen Fall vermutet hätten“, räumte Rohling ein. Doch Produzenten und Abnehmer sprechen oftmals nicht die gleiche Sprache, wenn es um Preise sowie Liefermengen und -modalitäten geht, so seine Erfahrung.

„Dicks und Rohling haben die Bedarfe der Landwirte erkannt und diese als Basis für ihr tragfähiges, weiterentwickelbares Geschäftsmodell identifiziert. Das ist für eine Gründung vorbildlich“, lobte Kelm. Inzwischen haben die Beiden Gründer acht Mitarbeiter eingestellt, dazu zählt auch Johann Garver, Student der Volkswirtschaftslehre und zuständig für die Finanzen bei agriportance.

Eine gewisse finanzielle Sicherheit bietet agriportance die Zusammenarbeit mit einem Business Angel aus dem westlichen Münsterland. Er investierte einen niedrigen sechsstelligen Euro-Betrag in das bislang ausschließlich auf Deutschland ausgelegte Geschäftsmodell. „Zukünftig sehen wir uns aber auch auf dem europäischen Markt. An der entsprechenden Strategie arbeiten wir bereits“, blickt Dicks voraus.

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