Kreis Coesfeld

2023: Zuversicht wächst, Verunsicherung bleibt

Münsterland – Verhalten optimistisch geht die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen ins neue Jahr. „Die Zuversicht in der regionalen Wirtschaft wächst, aber die konjunkturelle Entwicklung steht weiterhin auf sehr wackeligem Grund“, warnt Dr. Benedikt Hüffer, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen.

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Nach dem unerwartet positiven Verlauf im zweiten Halbjahr, so Hüffer, „schöpfen die Unternehmen Hoffnung, dass die wirtschaftliche Talfahrt nicht so tief nach unten führt, wie nach dem Energiepreisschock allseits prognostiziert wurde“. Der IHK-Präsident bezeichnete es als „schon sehr beachtenswert“, wie gut sich die Mehrheit der Unternehmen bislang in dieser schwierigen Lage angepasst habe. „Doch“, betont er, „die Herausforderungen sind und bleiben groß.“ Das Spektrum reiche von der sicheren und bezahlbaren Energieversorgung über die Fachkräftesicherung bis zur Wiederherstellung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur.

Energieversorgung und Energiepreisbremse

Zur gewachsenen Zuversicht haben laut IHK auch die geplanten staatlichen Hilfen beigetragen. Nach den konkreten Beschlüssen aber befürchtet Hüffer nun einen Stimmungsdämpfer: „Vor allem viele energieintensive Unternehmen im industriellen Mittelstand werden enttäuscht feststellen, dass sie nicht im ausreichenden Maße von den Energiepreisbremsen profitieren können, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern“, kritisiert er nach einer ersten Prüfung der Förderbedingungen.

Die Auflagen führen nach IHK-Einschätzung dazu, dass landesweit mehrere tausend Betriebe die Unterstützung von vorneherein gar nicht oder nur teilweise in Anspruch nehmen können. Die IHK Nord Westfalen fordert deshalb über den DIHK und auf NRW-Ebene eine Nachbesserung: „Die energieintensive Industrie, die in unserem IHK-Bezirk überdurchschnittlich stark und bedeutsam ist, steht am Anfang wichtiger Wertschöpfungsketten, die wir gerade angesichts der Erfahrungen mit Lieferengpässen nicht leichtfertig behandeln dürfen.“

Über die aktuelle Hilfe hinaus, die nicht dauerhaft fortgesetzt werden könne, benötigen die Unternehmen laut Hüffer zudem „schnell Klarheit, wie die Energieversorgung hierzulande zu international wettbewerbsfähigen Konditionen wiederhergestellt und dauerhaft gesichert werden kann“. Ansonsten drohe eine schleichende Abwanderung von Unternehmen in Länder mit deutlich niedrigeren Energiepreisen. „Die Herausforderungen sind und bleiben groß“, resümiert Hüffer.

Jaeckel: Bald eine Million Beschäftigte im IHK-Bezirk

Zu diesen großen Herausforderungen für die Unternehmen im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region gehört auch der Fachkräftemangel. Schon seit einigen Jahren steht er im IHK-Ranking der größten Konjunkturrisiken auf dem ersten Platz. Zwar ist er im Herbst angesichts des Energiepreisschocks auf den zweiten Rang abgerutscht. Doch nur, weil ein anderes Problem noch größer ist, werde der Fachkräftemangel nicht kleiner, so IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel: „Letztendlich ist er aktuell genauso groß oder sogar größer“, sagt Jaeckel. „Schließlich brauchen wir mehr Fachkräfte, um die Herausforderungen in der Energieversorgung, der Digitalisierung oder bei der Wiederherstellung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur erfolgreich zu bewältigen.“

So ist die Beschäftigung im IHK-Bezirk Nord Westfalen auch in diesem Jahr auf einen neuen Höchststand gestiegen. Rund 982.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte waren es im März 2022, ein Zuwachs von über drei Prozent im Vergleich zum März des Vorjahres. „Wir steuern klar auf eine Million Beschäftigte zu und hätten sie wohl schon erreicht, wenn genügend Fachkräfte da wären“, verweist der IHK-Hauptgeschäftsführer auf die Erfolgsgeschichte der regionalen Wirtschaft. Ebenso bemerkenswert wie erfreulich ist für ihn, dass der Arbeitsmarkt sich von der konjunkturellen Entwicklung entkoppelt habe. Jaeckel rechnet damit, dass die Marke von einer Million Beschäftigten vielleicht schon nächstes Jahr, spätestens aber 2024 erreicht wird. Noch vor 20 Jahren gab es nur 754.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im IHK-Bezirk.

Angesichts des Fachkräftemangels begrüßt Jaeckel die derzeit laufende Modernisierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, für die sich die IHK bundesweit eingesetzt haben: „Die uns bekannten Eckpunkte führen nach erster Einschätzung zu Erleichterungen und Deregulierungen, die wir unbedingt nutzen und unseren Unternehmen deshalb bekannt machen müssen.“ 
 

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