Definition
Um zu verhindern, dass grenzüberschreitend ansässige Unternehmen selbst entscheiden, in welchem Land sie Gewinne erzielen und Steuern zahlen, wurde der sogenannte „Fremdvergleichsgrundsatz“ (at arm’s length) eingeführt. Das bedeutet, dass bei Geschäften innerhalb eines nationalen oder internationalen Konzerns die Preise für Transaktionen zwischen den dazugehörigen Unternehmen auf der Grundlage von Bedingungen, die auch zwischen unabhängigen Parteien gelten würden, berechnet werden sollten. Die Gesamtheit dieser Bedingungen wird im internationalen Kontext als „Verrechnungspreise“ bezeichnet. Verrechnungspreise spielen übrigens nicht nur bei internationalen Geschäften eine Rolle.
Dokumentation
In den OECD-Leitsätzen ist zum Fremdvergleichsgrundsatz festgelegt, dass für bestimmte, multinational tätige Konzernunternehmen eine Verrechnungspreisdokumentation erforderlich ist. Bei in den Niederlanden tätigen Unternehmen dieser Art wird zwischen Unternehmen mit einem Konzernumsatz von bis zu 50 Millionen Euro, Unternehmen mit einem Konzernumsatz von über 50 Millionen Euro und Unternehmen mit einem Konzernumsatz von über 750 Millionen Euro unterschieden. Für Unternehmen mit einem Konzernumsatz von weniger als 50 Millionen Euro gilt die Dokumentationspflicht nach dem niederländischen Körperschaftsteuergesetz. Unternehmen mit einem Gruppenumsatz von mindestens 50 Millionen Euro sollten ein „Masterfile“ und ein „Local File“ erstellen, das jedes Jahr aktualisiert und bis spätestens vor Ablauf der Frist zur Einreichung der Körperschaftsteuererklärung des jeweiligen Jahres erstellt werden muss. Wenn der konsolidierte Konzernumsatz des multinationalen Konzerns mindestens 750 Millionen Euro beträgt, sollte den Steuerbehörden innerhalb von zwölf Monaten ein Länderbericht vorgelegt werden.
Eine Verrechnungspreisdokumentation umfasst eine Beschreibung der Aktivitäten, Funktionen und Risiken des Unternehmens. So sollte ein Masterfile einen Überblick über die Unternehmen des multinationalen Konzerns, eine Beschreibung der Art der Geschäftstätigkeiten, die allgemeine Verrechnungspreispolitik und die weltweite Zuordnung von Einkünften und wirtschaftlichen Tätigkeiten (Funktionen und Risiken) enthalten.
Aus dem Local File sollte eine für die Verrechnungspreisanalyse relevante Erklärung zu Transaktionen zwischen der niederländischen Unternehmenseinheit und einem verbundenen Konzernunternehmen in einem anderen Land hervorgehen. Außerdem sollte erläutert werden, dass der Grundsatz des Fremdvergleichs eingehalten wird. Das Local File sollte auch Informationen über die Unternehmensgewinnzuordnung der Betriebsstätten enthalten.
Gewinnermittlung
Es gibt bestimmte Methoden, um einen sachlichen Preis zu ermitteln. Für jede Transaktion muss eine Methode gewählt werden. Dabei muss die für ein Unternehmen am besten geeignete Methode gewählt werden.
1. Comparable Uncontrolled Price (CUP) Methode
Bei der CUP-Methode wird der in der verbundenen Transaktion verlangte Preis mit dem Preis verglichen, der in einer vergleichbaren Transaktion zwischen zwei unabhängigen Parteien oder einer der an dem verbundenen Geschäft beteiligten Parteien und einer dritten Partei berechnet worden wäre. In der Praxis wird die CUP-Methode in der Regel bei Massenwaren, für die der Marktpreis bekannt ist, oder bei Darlehen angewandt.
2. Cost Plus Methode
Die Cost Plus (Kostenaufschlags-)Methode wird bei Transaktionen zwischen einem Lieferanten und einem Konzernunternehmen angewandt. Dabei werden die Gesamtkosten für die Herstellung der Ware um einen Kostenaufschlag erhöht. Die Produktionskosten und der Kostenaufschlag bilden den Wiederverkaufspreis an das Konzernunternehmen. Der Kostenaufschlag wird durch eine Analyse der bei vergleichbaren Transaktionen mit Dritten angewandten Kostenaufschläge ermittelt. Die Cost Plus Methode wird oft durch Baubetriebe angewendet.
3. Resale Price (Wiederverkaufspreis-)Methode
Die Wiederverkaufspreis-Methode wird in Fällen angewandt, in denen ein Produkt von einem Konzernunternehmen gekauft und an einen Dritten weiterverkauft wird. Der Verrechnungspreis – also der Preis, den der Wiederverkäufer zu marktüblichen Bedingungen für das Produkt zahlen muss – wird ermittelt, indem der Verkaufspreis an den Dritten um eine marktübliche Bruttomarge reduziert wird. Die fremdvergleichskonforme Bruttomarge wird anhand der Bruttomargen ermittelt, die bei Transaktionen zwischen Dritten erzielt werden.
4. Transaktions-Nettomargen-Methode
Bei der Transaktions-Nettomargen-Methode (TNMM) wird die Betriebsgewinnmarge (also die EBIT-Marge), die bei der Transaktion mit dem Konzernunternehmen erzielt wird, mit den Betriebsgewinnen verglichen, die von unabhängigen Unternehmen bei ähnlichen Transaktionen oder Tätigkeiten erzielt werden.
5. Profit Split (Gewinnaufteilungs-) Methode (PSM)
Bei der Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode wird der aus der Transaktion erzielte (operative) Gewinn zwischen den beteiligten Konzernunternehmen aufgeteilt. Für eine korrekte Anwendung der PSM muss der (betriebliche) Gewinn in einer Weise, die auch ein unabhängiger Dritter in einer vergleichbaren Situation vereinbart hätte, aufgeteilt werden.
Folgen
In der Verrechnungspreisdokumentation muss ein Unternehmen begründen, welche Verrechnungspreismethode es gewählt hat. Wenn das niederländische Finanzamt feststellt, dass die gewählte Verrechnungspreismethode nicht zu einem fremdvergleichskonformen Ergebnis führt, wird sie eine Verrechnungspreisberichtigung vornehmen, die Auswirkungen auf den steuerpflichtigen Gewinn hat. Somit kann es passieren, dass das niederländische Finanzamt der Meinung ist, dass durch das Unternehmen zu wenig Gewinn an die Niederlande zugerechnet wurde. Das würde zu einer Steuernachzahlung in den Niederlanden führen.
Hinzu kommt noch, dass das niederländische Finanzamt eventuell Bußgelder auferlegt und für die zu spät gezahlte Steuer momentan zehn Prozent an Zinsen erhebt. Wenn außerdem noch das deutsche Finanzamt der Meinung ist, diese Gewinne müssten Deutschland zugerechnet werden, dann kann ein ziemlicher Schlamassel entstehen. Daher ist es wichtig, sich bei der Erstellung der Dokumentation, aber auch schon vorher gut beraten zu lassen. Es ist ratsam, bei Unsicherheit, welcher Teil eines Gewinnes den Niederlanden zugerechnet werden muss, bereits in einem sehr frühen Stadium Kontakt mit dem niederländischen Finanzamt aufzunehmen.