Neues Nachweisgesetz | Das müssen Arbeitgeber bei Arbeitsverträgen beachten

Seit dem 1. August 2022 gelten neue EU-Regeln für verlässlichere und transparente Arbeitsbedingungen. Das bringt zahlreiche arbeitsrechtliche Änderungen im Nachweisgesetz und anderen Gesetzen mit sich. Was Arbeitgeber vor diesem Hintergrund beachten müssen, erklärt Steuerberater und Rechtsanwalt Berthold Brombach von der Heisterborg Steuerberatungsgesellschaft in Stadtlohn für Wirtschaft aktuell.

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WEITERHIN SCHRIFTLICHE NIEDERLEGUNG 
Die wesentlichen Arbeitsbedingungen sind nach wie vor schriftlich niederzulegen. Die elektronische Form bleibt auch nach der Neuregelung des Nachweisgesetzes ausgeschlossen – und das, obwohl die Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union dies ausdrücklich erlaubt. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch davon abgesehen, diese Möglichkeit aufzugreifen.
Verstöße gegen bestimmte Vorschriften des Nachweisgesetzes werden künftig als Ordnungswidrigkeit behandelt. Sie können eine Geldbuße von jeweils bis zu 2.000 Euro nach sich ziehen. Zu einer Geldbuße kann es beispielsweise kommen, wenn ein Unternehmen wesentliche Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern mit einer qualifizierten elektronischen Signatur anstatt der Schriftform niederlegt.

 

NACHWEIS VON ARBEITS­BEDINGUNGEN BIS ZUM 31. JULI 2022
Bis zum 31. Juli 2022 galt auf Grundlage des Nachweisgesetzes: Arbeitgeber hatten spätestens bis einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses bestimmte Punkte schriftlich niederzulegen, zu unterzeichnen und den Arbeitnehmern auszuhändigen. Dazu zählen:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses 
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
  • Arbeitsort
  • Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit 
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts 
  • Arbeitszeit 
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs 
  • Kündigungsfristen 
  • allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind  

 

NACHWEIS VON WEITEREN ARBEITS­BEDINGUNGEN SEIT DEM 1. AUGUST 2022
Diese Pflichten haben sich zwischenzeitlich erweitert. Seit dem 1. August 2022 müssen Arbeitgeber stets bei neu eingestellten Arbeitnehmern zusätzlich noch folgende Punkte schriftlich niederlegen, unterzeichnen und den Arbeitnehmern aushändigen:

  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses bei befristeten Arbeitsverhältnissen 
  • ggf. freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer 
  • sofern vereinbart: die Dauer der Probezeit
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung 
  • die Arbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen 
  • bei Arbeit auf Abruf: neben der Vereinbarung, dass Arbeitsleistungen entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen sind, die Zahl der zu vergütenden Mindeststunden, der jeweilige Zeitrahmen und die Frist für die Anordnung der Lage der Arbeitszeit im Voraus durch den Arbeitgeber
  • sofern vereinbart: die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • ein möglicher Anspruch auf vom Arbeitgeber bereit gestellte Fortbildung
  • wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt: der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
  • das bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage

Der entsprechende schriftliche Nachweis ist auf Aufforderung auch bei bestehenden Arbeitsverhältnissen den Arbeitnehmern in unterzeichneter Form auszuhändigen.
Ausdrücklich regeln müssen Arbeitsverträge damit ab dem 1. August 2022 unter anderem auch die Dauer der Probezeit, die Voraussetzungen für eine mögliche Überstundenanordnung sowie die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts. Das schließt die Nennung einer eventuellen Überstundenvergütung ebenso ein wie mögliche Sonderzahlungen oder andere Vergütungsbestandteile. Neu außerdem: Der Arbeitgeber hat über das einzuhaltende Verfahren im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu unterrichten. Das umfasst die Punkte Schriftformerfordernis einer Kündigung, die Kündigungsfristen und auch die zu beachtende Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.

 

FAZIT
Ihren Nachweispflichten werden die Arbeitgeber künftig deutlich früher nachkommen müssen. Bislang reichte es, die wesentlichen Vertragsbedingungen innerhalb eines Monats nach Tätigkeitsbeginn auszuhändigen. Nach der Neuregelung muss der Arbeitnehmer die Niederschrift gewisser Arbeitsbedingungen nun bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses erhalten oder spätestens zum siebten Kalendertag danach. Wichtig, wenn sich wesentliche Vertragsbedingungen in einem laufenden Arbeitsverhältnis ändern: In solchen Fällen hat der Arbeitgeber diese Änderung spätestens bis zu dem Tag auszuhändigen, an dem die Änderung wirksam werden soll. 
Diese Verpflichtungen sind ernst zu nehmen. Denn es drohen Konsequenzen bei Nichtaushändigung oder nicht richtiger Aushändigung, ebenso bei nicht vollständiger Aushändigung, einer Aushändigung nicht in der vorgeschriebenen Weise oder einer nicht rechtzeitigen Aushändigung der wesentlichen Vertragsbedingungen: Die zuständige Behörde kann das in Zukunft mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Euro je Einzelfall ahnden. 
Handlungsbedarf besteht dadurch besonders beim Abschluss neuer Arbeitsverträge oder wenn sich bestehende Arbeitsverträge ändern. Für bereits vor dem 1. August 2022 geschlossene Arbeitsverhältnisse gilt das grundsätzlich nur, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber explizit zur Aushändigung auffordert. In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Niederschrift über die wesentlichen Angaben dem Arbeitnehmer innerhalb von sieben Tagen nach dessen Aufforderung auszuhändigen.

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