Mitarbeiterbindung: mit Anwesenheitsprämien den Krankenstand senken

Die Zahl der Krankmeldungen in deutschen Unternehmen erreicht neue Höchststände und kann dadurch auch die Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Unternehmen können dem entgegenwirken: etwa mit einem guten Betriebsklima, durch Motivation der Belegschaft oder durch Gewährung von Anwesenheitsprämien an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die keine Fehlzeiten haben. Wie Letzteres funktioniert, erläutert Steuerberater und Rechtsanwalt Berthold Brombach von der Heisterborg Steuerberatungsgesellschaft in Stadtlohn für Wirtschaft aktuell.

Grafik: Nadine Tenhaken

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Die Anwesenheitsprämie ist eine Sonderleistung zusätzlich zum normalen Arbeitsentgelt. Anwesenheitsprämien werden als laufende oder einmalige Zahlungen insbesondere für folgenden Fall versprochen: dass Arbeitnehmer keine Fehlzeiten haben oder diese ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. Die Intention lässt sich plakativ auf den Punkt bringen: Mit einer Anwesenheitsprämie möchte der Arbeitgeber dazu animieren, nicht gleich bei jedem Schnupfen zu Hause zu bleiben.

Sinn und Zweck
Hat die Anwesenheitsprämie überhaupt einen Sinn, wenn doch das Erscheinen der Beschäftigten zur Arbeit der Normalfall sein sollte? Anwesenheitsprämien können sozialpolitisch unerwünscht sein. Denn sie bergen die Gefahr einer verzögerten oder gar nicht stattfindenden ärztlichen Betreuung behandlungsbedürftiger Gesundheitszustände. In Zeiten knapper Arbeitskräfte und fehlender qualifizierter Mitarbeiter kann eine Anwesenheitsprämie aber dazu beitragen, die Arbeitseffektivität zu steigern – und sie vermag es, die Krankheitskosten des Unternehmens zu reduzieren. 

Rechtliche Gestaltung
Eine Anwesenheitsprämie muss schriftlich vereinbart sein, etwa im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag. Es gibt verschiedene Modelle: Jeder Monat ohne krankheitsbedingte Fehltage bewirkt beispielsweise einen Bonus, oder der Arbeitgeber zahlt am Ende eines Jahres eine Prämie, die sich pro Fehltag um einen bestimmten Betrag verringert. Ein anderes Modell: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekommen am Ende eines Jahres eine Prämie, die der Betrieb um ein Zwölftel kürzt pro Monat, in dem sie krank waren. Als Anwesenheitsprämie lässt sich auch ein monatlicher steuerfreier (und somit auch sozialversicherungsfreier) Sachbezug bis zu 50 Euro gewähren, beispielsweise in Form eines Tankgutscheins.

Die entsprechende Vereinbarung muss klarstellen, dass die Anwesenheitsprämie eine Sonderleistung zusätzlich zum normalen Arbeitsentgelt darstellt – und dass sie nur dann gezahlt wird, wenn der Arbeitnehmer im Kalendermonat keine Fehlzeiten hat. Dies sollte als Voraussetzung für die Entstehung einer Anwesenheitsprämie im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung aufgeführt sein.

Gesetzliche Begrenzung
Nach § 4a Entgeltfortzahlungsgesetz ist eine Vereinbarung über die Kürzung von Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt (Sondervergütungen), auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in Folge Krankheit zulässig. Nicht überschreiten darf die Kürzung jedoch für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt. Für die rechtliche Bewertung ist es dabei unerheblich, ob die Vereinbarung eine Kürzung einer Sondervergütung bei Fehlzeiten oder die Entstehung einer Sondervergütung bei vollständiger Anwesenheit vorsieht. Da die Kürzung für jeden Ausfalltag gesetzlich stark beschränkt ist, fallen Anwesenheitsprämien in der Regel nicht sehr hoch aus. Dadurch lässt sich erreichen, dass die monatliche Anwesenheitsprämie bei monatlichen Fehlzeiten vollständig wegfallen kann.

Das Bundesarbeitsgericht billigt Anwesenheitsprämien: Solange dem Arbeitnehmer vor Beginn des Bezugszeitraums die Kürzungsrate bei Fehlzeiten bekannt ist, so sei das Versprechen eines finanziellen Anreizes zur Verringerung der persönlichen Fehlzeiten grundsätzlich zu billigen. 

Fazit
Eine Anwesenheitsprämie kann ein Anreiz für Arbeitnehmer sein, ihre Fehlzeiten zu minimieren. Sie ist in jedem Fall im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag zu vereinbaren. Hinsichtlich der Ausgestaltung gibt es verschiedene Modelle. In jedem Fall muss geregelt sein, dass der Arbeitgeber die Anwesenheitsprämie zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt gewährt. Die Anwesenheitsprämie kann auch als steuerfreier Sachbezug gewährt werden.

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