Grund­steuer­reform - Drei drängende Probleme

Im Zuge der Grundsteuerreform müssen circa 35 Millionen Grundstücke sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe neu bewertet werden. Zwar wird erst ab 2025 die Grundsteuer auf Basis dieser neuen Bewertungen erhoben, doch alle Eigentümerinnen und Eigentümer müssen bis zum 31. Oktober 2022 die „Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts“ mit allen erforderlichen Unterlagen beim Finanzamt einreichen. Dabei sind noch viele Fragen offen. Die drei drängendsten Probleme beantwortet Paul-Heinrich Fallenberg, Steuerberater, Rechtsanwalt und Partner der Münsteraner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft HLB Schumacher.

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Entscheidend sind die auf den 1. Januar 2022 festgestellten Grundsteuerwerte. Seit dem 1. Juli 2022 kann die Feststellungserklärung online dem Finanzamt übermittelt werden. Die Berechnung erfolgt je nach Bundesland unter etwas anderen Bedingungen, in jedem Fall müssen zahlreiche Informationen zum Grundstück eingeholt werden. Nordrhein-Westfalen hat sich neben Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen dem sogenannten Bundesmodell angeschlossen, das der Gesetzgeber verabschiedet hat. Die übrigen Bundesländer haben abweichende Gesetze erlassen, die für Unternehmen in NRW immer dann gelten, wenn diese dort Zweigstellen oder Niederlassungen unterhalten.
Probleme ergeben sich insbesondere bei bebauten Grundstücken. Die Beschaffung der Informationen kann zu einer Mammutaufgabe werden, viele Unternehmer sind deshalb verunsichert, denn in der Praxis ergeben sich immer wieder Fragen.

ERMITTLUNG DES BAUJAHRES

Bei bebauten Grundstücken ist das genaue Baujahr des Gebäudes nicht immer zu ermitteln, vor allem dann, wenn an dem Gebäude bauliche Maßnahmen vorgenommen worden sind. Das gilt insbesondere für Gewerbeflächen mit mehreren Gebäuden, die umgebaut oder erweitert worden sind. 
Als Baujahr gilt grundsätzlich das Jahr, in dem das Gebäude erstmals bezugsfertig war und bestimmungsgemäß genutzt werden konnte. Aus dem Baujahr und der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes wird die Restnutzungsdauer abgeleitet, die sich auf die Höhe der Grundsteuer auswirkt. 
Wurde das Gebäude kernsaniert, verlängert sich die Restnutzungsdauer entsprechend. Umgekehrt wirkt eine Abbruchverpflichtung verkürzend. 

KERNSANIERUNG ODER MODERNISIERUNG?

Eine Kernsanierung ist von bloßen Modernisierungsmaßnahmen zu unterscheiden. Sie liegt nur dann vor, wenn alles bis auf die tragenden Elemente entfernt und erneuert wurde, ein Gebäude also in einen „Rohbauzustand“ zurückversetzt wurde. Das kernsanierte Gebäude gleicht in der Bewertung einem nahezu neuen Gebäude, eine Alterswertminderung besteht in diesem Fall nicht. Der Ausbau einzelner Elemente wie Heizungen, Fenster usw. stellt hingegen nur eine Modernisierung dar, sodass das ursprüngliche Baujahr maßgeblich bleibt.

ZERSPLITTERUNG IN ZAHLREICHE GEBÄUDETEILE UND ANBAUTEN 

Die sogenannte „wirtschaftliche Einheit“ ist entscheidend. Es können mehrere Grundstücke zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden, sofern sie wirtschaftlich zusammengehören. Die Grundstücke müssen allerdings zu einer Vermögensart gehören und denselben Eigentümer haben. Ausnahmen bestehen bei Bauten auf fremden Grund und Boden sowie in Erbbaurechtsfällen. Dabei wird das Gebäude mit dem dazugehörenden Grund und Boden zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst. Insbesondere bei gewachsenen Werksgeländen ist deshalb eine genaue Einzelfallbetrachtung nötig. Ein erstes Indiz für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ergibt sich auch aus den bisherigen Einheitswertbescheiden. Für jede wirtschaftliche Einheit muss eine eigene Feststellungserklärung abgegeben werden. 

FAZIT

Die Bündelung mehrerer Grundstücke in wirtschaftliche Einheiten soll die Verfahrensabläufe vereinfachen. Doch gerade hierbei treten Fragen auf. Wie ist die wirtschaftliche Einheit fortzuschreiben? Was ist eventuell weggefallen? Dafür sind viele Informationen nötig. Besonders für Unternehmen ist daher jetzt höchste Eile geboten, um eine frühe und umfassende Ermittlung der nötigen Daten einzuleiten.

Infos

DIE WICHTIGSTEN ANGABEN, DIE FÜR DIE ERKLÄRUNG ZUR FESTSTELLUNG DES GRUNDSTEUERWERTS BENÖTIGT WERDEN, SIND IN DER REGEL:

  • die genaue Lage des Grundstücks unter Angabe der Gemarkung, Flurstücke/Flurstücknummern 
  • die Grundstücksart 
    • unbebautes Grundstück 
    • Wohngrundstück: Ein-/Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück, Wohnungseigentum
    • Nichtwohngrundstück: Teileigentum, Geschäftsgrundstück, gemischt genutztes Grundstück, sonstiges bebautes Grundstück
  • das Baujahr
  • die Wohnfläche/Nutzfläche bzw. die Brutto-Grundfläche
  • die Anzahl der Garagen-/Tiefgaragenstellplätze
  • die Grundstücksgröße
  • ggf. erfolgte Kernsanierung
  • ggf. bestehende Abbruchverpflichtung
  • Nummer des Gebäudes aus dem Lageplan
     
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