Vrielmann - Wissenstransfer auf drei Wegen

Auf zwei unterschiedlichen Wegen läuft der Wissenstransfer beim Hersteller und Installateur von elektrischen Anlagen Vrielmann in Nordhorn: Das Unternehmen holt sich einerseits über Studierende, die ihre Abschlussarbeiten im Betrieb schreiben, wissenschaftliches Know-how ins Haus. Zudem schulen Dozenten in der unternehmenseigenen Akademie das Vrielmann-Team in verschiedenen Bereichen der Elektrotechnik. Bald soll noch ein dritter Transferweg in die umgekehrte Richtung dazukommen: Vertreter des Unternehmens sollen Vorlesungen in Hochschulen in der Region halten, um den angehenden Akademikern Praxiswissen für ihr Studium zu vermitteln.

Anzeige

Die Zusammenarbeit mit Hochschulen ist für Vrielmann geübte Praxis. Mehrere Studierende aus Aachen, Emden, Lingen und Osnabrück haben bereits ihre Abschlussarbeiten in dem 1976 gegründeten Unternehmen geschrieben – und einige sind danach als feste Mitarbeiter übernommen worden. 

Einer von ihnen ist Peter Klein. Der Elektrotechnik-Student der Hochschule Osnabrück hat seine Masterarbeit im Bereich Energieeffizienz bei Vrielmann geschrieben und ist danach geblieben. Fünf Jahre ist er jetzt schon für den Nordhorner Betrieb tätig. „In den Ingenieurswissenschaften ist es üblich, dass die Abschlussarbeit in einem Unternehmen geschrieben wird, weil es einfach praxisnah ist. Bei meiner Recherche bin ich auf das Angebot von Vrielmann gestoßen und das Thema hat mich sofort interessiert“, blickt Klein zurück. In seiner Abschlussarbeit hat er sich dann für das Nordhorner Unternehmen damit beschäftigt, wie industrielle Betriebe ihre elektronischen Anlagen so steuern und einsetzen können, dass sie möglichst energieeffizient laufen. Im Fokus stand zum Beispiel die Frage, wie ein Transformator beschaffen sein muss, damit er ohne große Verluste möglichst viel Energie überträgt. Dieser Fragestellung ist Klein bei einem Kundenunternehmen von Vrielmann – Bekuplast in Ringe – auf den Grund gegangen. „Es war eine tolle Erfahrung für mich, dass das Wissen, das ich in meiner Masterarbeit erarbeitet habe, auch direkt beim Kunden umgesetzt wurde. Somit hatten alle Beteiligten etwas davon“, betont der heutige Elektrotechniker Klein. 

Im September dieses Jahres beginnt der nächste Bachelorand von der Hochschule Osnabrück seine Projekt- und Abschlussarbeit bei Vrielmann. Peter Klein wird ihn betreuen. „Wir vergeben immer nur dann Plätze für Abschlussarbeiten, wenn auch der Bedarf für das jeweilige Thema bei uns wirklich da ist. Schließlich sind wir immer noch ein Handwerksbetrieb und keine wissenschaftliche Einrichtung – es muss also einen klaren Praxisbezug geben, der unser Unternehmen auch im Alltag und perspektivisch in der Entwicklung voranbringt“, verdeutlicht Geschäftsführer Heiko Ensink. 

Mithilfe der Studierenden haben sich auch neue Geschäftsfelder für das Unternehmen, das aktuell 130 Mitarbeitende beschäftigt, ergeben: zum Beispiel ein Programm zur Berechnung elektronischer Netzplanung. Oder das Firedisplay, ein Leit- und Managementsystem für Feuerwehren und andere Hilfsorganisationen, das sämtliche von der Leitstelle empfangenen Daten auswertet und die Einsatzkräfte entsprechend steuern kann. 

Ein Themengebiet, das das Unternehmen in den kommenden Monaten mit seinen Studierenden angehen will, ist die Integration von Speichersystemen – also zum Beispiel Batterien – in Energienetze. „Im normalen Arbeitsalltag wäre diese Fragestellung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu bewältigen, weil es einfach unglaublich viel Forschungszeit kostet. Daher freuen wir uns sehr, dass sich unsere Studierenden diesem Thema annehmen“, betont Diplom-Ingenieur Ensink. 

Dass sich Vrielmann bei der Zusammenarbeit mit Hochschulen vor allem auf die Region konzentriert, ist kein Zufall: Jemand, der ohnehin in der Nähe studiert, ist nach dem Studium auch leichter dazu zu bewegen, in der Region zu bleiben und zu arbeiten. Für Vrielmann ist der Wissenstransfer nämlich nicht nur ein Instrument, um wissenschaftliches Know-how in den Betrieb zu übertragen, sondern auch, um neue Fachkräfte zu finden. „Der große Vorteil ist, dass sich beide Seiten über ein halbes Jahr – wie bei einer Probezeit – kennenlernen können. Der Studierende bekommt Einblicke ins Unternehmen, kann sich dabei selbst einbringen und an seiner Bachelor- oder Masterarbeit schreiben. Wir erhalten einen Eindruck von ihm, seinem Know-how und können einschätzen, an welcher Stelle er gut ins Unternehmen passen würde“, erklärt Ensink.

Als zweiten Weg für den Wissenstransfer hat Vrielmann 2011 eine eigene Akademie eröffnet. Zum einen gibt das Team dort an seine Kunden wertvolles Wissen zu den Elektroanlagen, die bei ihnen im Einsatz sind, weiter, zum anderen werden dort die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult. „In der Akademie beschäftigen wir feste Dozenten, die unser Team mit einem starken Praxisbezug zu verschiedenen Themen im Bereich Elektrotechnik regelmäßig unterrichten. Dabei geht es auch um neue Gesetzesvorschriften und Normen. So bleiben wir immer auf dem aktuellen technischen und rechtlichen Stand“, erläutert der Geschäftsführer. 

Der Wissenstransfer bei Vrielmann soll bald aber auch in die umgekehrte Richtung gehen: So hat das Unternehmen Kontakt mit zwei Professoren der Hochschule Osnabrück aufgenommen, um eine Kooperation in die Wege zu leiten. Einmal im Semester sollen Mitarbeitende von Vrielmann eine Vorlesung für die Ingenieur-Studiengänge der Hochschule halten und dabei Praxiswissen sowie Praxisprojekte an die angehenden Akademiker vermitteln. „Auf diese Weise können wir einmal mehr auf uns als Arbeitgeber aufmerksam machen“, betont Ensink.

Anja Wittenberg

 

Heiko Ensink, Geschäftsführer Vrielmann

Peter Klein, Elektrotechniker Vrielmann

Am Standort in Nordhorn entwickelt Vrielmann elektrische Anlagen.

Weitere Fotos
Artikel teilen