Reha Kids & Care | Zwei Macher aus unterschiedlichen Welten

Unterschiede können spannende Entwicklungen anstoßen. Das gilt sicher für Ralf Hartz (59) und Arnd Scharlau (48). Hartz, Gründer des Nottulner Unternehmens Reha Kids & Care, hat sein Geschäft zum April 2024 an Scharlau verkauft. Hartz selbst begleitet den Übergang noch bis März 2026 – und verabschiedet sich dann aus diesem Abschnitt seines Berufslebens. Wie beide zueinanderfanden, ist eine Geschichte rund um „Kollege Zufall“ und ganz unterschiedliche Berufswege.

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Hartz hatte sich irgendwann um 2022 auch aus gesundheitlichen Gründen überlegt, das eigene Unternehmen – spezialisiert auf technische Hilfsmittel für Menschen mit körperlichen Einschränkungen – in neue Hände zu geben. Die erste und naheliegende Idee, das Unternehmen an den damaligen Geschäftsführer zu übergeben, scheiterte am Ende an der Finanzierung. Hartz musste weitersuchen und stieß durch Zufall auf Scharlau. „Wir haben einen gemeinsamen Nachbarn im Stevertal in Nottuln“, erinnert sich Hartz. „Der wusste, dass ich verkaufen wollte und hat das seinem Nachbarn erzählt, der wiederum auf der Suche nach einem Unternehmen war.“ Dieser Nachbar war Scharlau, der sich beruflich in die Selbstständigkeit verändern wollte und tatsächlich nach passenden Übernahmeangeboten Ausschau hielt.  

Fünf Monate Übernahmeprozess

Scharlau muss lächeln: „Ich wollte gerne im Umfeld von Münster bleiben und hatte mich schon mit dem Gedanken angefreundet, im Stevertal erstmal an meinen Autos herumzuschrauben.“ Dann bot sich unerwartet das Projekt in Nottuln an. Hartz und Scharlau kamen ins Gespräch und am Ende auch zusammen. Fünf Monate und viele Gespräche mit Steuerberater und Bank habe der Übernahmeprozess in Anspruch genommen, wie Scharlau sagt. Über eine Holding realisierte er letztlich den Kauf. 

Die Struktur ist das eine. Dass in diesem Übernahmeprozess auch zwei Menschen aufeinandertrafen, die trotz der Nachbarschaft aus völlig unterschiedlichen Umfeldern stammten, ist das andere. Das bringe spannende Perspektiven mit, sei aber manchmal auch aufreibend, geben Hartz und Scharlau unumwunden zu.  

Von Fielmann zu Reha Kids & Care

Hartz hat mal Kfz-Mechaniker gelernt, fuhr Lkw und arbeitete sowohl als Servicetechniker für Rollstühle als auch bei der Krankenkasse DAK. Mit Reha Kids & Care erfüllte er sich 2003 den Traum von der Selbstständigkeit und baute das Unternehmen auf. Scharlau wiederum ist ein Konzern-Mensch und stammt aus einer Unternehmerfamilie. „Das Unternehmen, die Arbeit, das war immer der Kosmos der Familie“, sagt er heute. Kaufmännische Zusammenhänge, Strukturen: Das war schon früh sein „Ding“. Beim Augenoptiker Fielmann stieg er ein, als der Filialist noch ein eher kleines Unternehmen war. Zuletzt führte er das Auslandsgeschäft von Fielmann – ein Job mit Verantwortung für rund 1.000 Mitarbeiter und einem Umsatz von 80 Millionen Euro. Nicht ganz die Kragenweite von Reha Kids & Care, wie beide heute mit einem Schmunzeln sagen.  

„Ich habe mich schon etwas in die Branche hineingestürzt, ohne ihre Spielregeln zu kennen“, schaut Scharlau heute zurück. Der kaufmännische Teil dagegen sei ein vertrautes Feld gewesen. Zum Prozess gehöre, dass man viel miteinander rede. Manches lerne er, sagt Scharlau. „Bei anderen Dingen vertraue ich meinem Bauchgefühl.“ Das zuzulassen, sei auch Teil der Übergabe eines Unternehmens, betont Hartz. „Ich kann dann auch gut loslassen.“ 

„Hölzernes“ erstes Jahr

Das Spannungsfeld in dieser Übergabe ist eine Gemeinsamkeit: Beide sind „Macher“, nur eben aus unterschiedlichen Welten. Und beide hatten einander etwas zu bieten: Das Nottulner Unternehmen brauchte ein paar Strukturen, um gesund wachsen zu können. Und Scharlau reizte der Gedanke, ein Unternehmen zu entwickeln. Die Herausforderung war, die „Denke“ eines Konzerns mit dem Handeln eines mittelständischen Unternehmens zu verbinden. „Da musste ich hier einiges lernen“, gibt Scharlau zu. Und ist auch selbstkritisch genug, um zu erkennen, dass am Anfang einiges knirschte. „Hölzern“ sei das erste Jahr gewesen. „Mir ist es nach dem Einstieg nicht gelungen, einige der Mitarbeiter so von mir zu überzeugen, dass sie bleiben.“ Die Folge: Mehrere Abschiede im Haus, auch der zunächst eingeplante Geschäftsführer war schnell wieder weg. Auch das gehört zum Auf und Ab einer Unternehmensübergabe. „Emotional habe ich alle denkbaren Phasen durch“, schaut Scharlau zurück. „Aber alles, was ich lerne, ist kein Fehler“, sagt er auch.  

Im anfänglichen Stocken lag aber auch eine Chance, die Scharlau nutzte. „Wir konnten viele Positi­onen neu besetzen und haben jetzt ein Team, das zu mir passt.“ Auch prozessual sei einiges angeschoben worden, wie Hartz bestätigt. Der neue Chef ist sicher: „Wir gehen jetzt gestärkt und sicher voran.“  

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