Osnatech/Group 24 | Sonnenenergie aus der Wand

Normalerweise wird eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert. Im Fall der group24 in Gescher war die Fläche aber schon belegt. Dafür gab es viele Quadratmeter Seitenwand, die bis in die Abendstunden von der Sonne angestrahlt werden und somit gute Bedingungen für eine PV-Anlage bieten. Das Problem: Die schweren Solarmodule aus Glas hätten aufgrund der Statik keinen Halt an der Außenwand des IT-Unternehmens gehabt. Dennoch wollten die Vorstände der group24, Christian Hornhues und Marc Eismann, die Fläche nicht ungenutzt lassen und die Solarenergie-Erzeugung am Standort weiter ausbauen. Die Lösung für die Wand: Module, die leichter sind und senkrecht wie ein Bild aufgehängt werden. Die Umsetzung hat die group24 gemeinsam mit dem Energietechniker Osnatech aus Bissendorf und dem Solarteur Enles aus Stadtlohn realisiert.

Stromproduktion an der Wand am group24-Unternehmenssitz in Gescher. | Foto: group24

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Seit Oktober liefern die 140 ultraleichten PV-Module auf der Südseite der Lagerhalle mit einer Leistung von jeweils 360Wp insgesamt 50 Kilowatt Sonnenstrom. Zusammen mit den bestehenden Solaranlagen auf den Dächern der anderen Gebäude am Gescheraner Standort kann die group24 so circa 720.000 Kilowattstunden Energie jährlich produzieren. Den Strom nutzt das Unternehmen fast komplett, um die mehr als 35 E-Autos und Hybridfahrzeuge zu tanken. Bis zu fünf Megawatt können das an sonnigen Tagen sein. Zu viel oder nicht benötigter Strom wird in einer 500kwh-Batterie gespeichert. Damit versorgt sich die group24 bis zu 85 Prozent des Jahres autark.

In zwei Reihen wurden die Module ohne Unterkonstruktion direkt auf die Hallenwand geklebt. Sie bestehen aus glasfaserverstärktem Kunststoff und bringen daher mit fünf bis sechs Kilogramm nur ein Drittel des Gewichts eines „normalen“ Solarmoduls aus Glas auf die Waage. Die spezielle Prismenstruktur der Paneele – sie haben also eine rubbelige Oberfläche – sorgt dafür, dass trotz der senkrechten Position genug Sonnenstrahlen eingefangen werden und keine sogenannte Aufständerung, mit der die Module Richtung Sonne gekippt werden, nötig ist. Mit der Anlage an der Wand lassen sich so noch 70 bis 75 Prozent der Sonnenergie, die „normale“ PV-Paneele auf dem Dach erzeugen würden, produzieren. „Die Technik ist über die Jahre hinweg stetig verbessert worden, sodass sie bei der normalen Installation den nahezu selben Wirkungsgrad wie Glasmodule hat. Bei einer senkrechten Montage spielen die leichten Module ihren Vorteil in Bezug auf die spezielle Oberfläche aus. In Kombination mit einer PV-Anlage auf dem Dach lässt sich somit das Optimum auf den möglichen Installationsflächen eines Firmengebäudes, aber auch eines Privathauses, herausholen“, erläutert Osnatech-Marketingleiter Malte Sulkiewicz. Die Produktion und damit der Preis der leichten Module in China sei zwar aktuell etwas teurer, aber: „Dafür spart man sich die Kosten für die Unterkonstruktion und die Montagezeit. Dank des Klebeverfahren kann ein Modul unter einer Minute angebracht werden“, erklärt Sulkiewicz. 
Er rechnet damit, dass die Produktion der leichten Wandmodule im kommenden Jahr günstiger werden wird. „Unser Partner hat in eine neue, effizientere Fabrik investiert, mit der er mehr Module mit weniger Aufwand und Energie produzieren kann. Wir gehen davon aus, dass wir im kommenden Jahr das Preisniveau der herkömmlichen Solaranlagen erreichen werden“, prognostiziert er.

Die Nachfrage ist bereits jetzt schon hoch: Seit dem Regierungswechsel im vergangenen Jahr und der dadurch stärkeren Fokussierung auf die Energiewende und aufgrund der Energiekrise infolge des Ukrainekriegs verzeichnet Osnatech einen starken Anstieg der Aufträge, wie Sulkiewicz erklärt. „Das Anfragevolumen ist – gerade auch im Gewerbebereich, in dem es überwiegend leichte Hallen gibt – enorm gestiegen. Wir haben uns sehr positiv entwickelt“, betont er. Um das Auftragsvolumen abzufangen, hat Osnatech seit Mai des vergangenen Jahres 15 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. Das nun insgesamt 20-köpfige Team soll auch in den nächsten Monaten noch weiterwachsen.
Auch eigene Ideen bringen die Osnatech-Experten in den Projekten immer wieder mit ein. „Für die Verklebung der Leichtbau-Solarmodule haben wir zum Beispiel in Zusammenarbeit mit einem Partner den passenden Montagewerkstoff für die verschiedenen Dachoberflächen gefunden, sodass die Paneele auf der Aluminiumoberfläche sicher halten“, erklärt Sulkiewicz. 
Der Marketingleiter sieht in dem Verfahren noch viel Potenzial für die kommenden Monate: Denn energieintensive Unternehmen haben in der Regel große Produktionshallen. Die Dachflächen sind jedoch zum einen häufig traglastbeschränkt, zum anderen verfügen sie über eine Folien-, Bitumen- oder Aluminiumprofileindeckung und sind daher nicht darauf ausgelegt, dass sie mit einer PV-Anlage aus schweren Glasmodulen belegt werden können. „Dabei bringen diese Immobilien ideale Voraussetzungen mit: Gewerbegrundstücke haben selten große Baumbestände oder die Hallen sind so hoch, dass es wenig Verschattung gibt. Die Sonneneinstrahlung könnte also voll ausgenutzt werden. Da kommen wir mit den leichten Modulen ins Spiel – auch für eine Lösung an der Wand wie bei der group24“, betont er. Der Marketingleiter weiß aber auch: „Wir müssen noch viel Aufklärungsarbeit leisten und den Unternehmen vermitteln, dass sich auch dann eine Lösung finden lässt, wenn herkömmliche Anlagen wegen der Statik nicht infrage kommen. Der Bedarf und das Interesse daran, Energie und Kosten zu sparen, sind jedenfalls da.“ 

Für die group24 In Gescher war die Zusammenarbeit mit Osnatech ein Glücksgriff: „Für uns ist die senkrechte Solaranlage die perfekte Lösung. So nutzen wir die Sonnenseite der Halle komplett aus. Außerdem blendet die weiß gestrichene Wand nicht mehr länger“, freut sich Vorstand Hornhues. Für die Morgenstunden will das Unternehmen übrigens auch noch an der Ostseite eine PV-Anlage anbringen lassen – dieses Mal aber aus Glasmodulen. „An dieser Wand spielt die Tragkraft keine Rolle“, erklärt Hornhues.
Neben den leichten Solarmodulen hat sich Osnatech ein zweites Standbein im Bereich der regenerativen Energien aufgebaut: Infrarot- und Flächenheizungen auf CarbonNanoTube-Basis. Gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück haben die Bissendorfer die Wellenwärme-Technologie entwickelt, die zum Beispiel in Autositzen, aber auch in Fußboden- oder Wandheizungen zum Einsatz kommen kann. „Die Wärme wird direkt an Menschen oder Gegenstände anstatt an die Luft abgegeben. Somit kann effizienter geheizt werden“, erklärt Sulkiewicz und ergänzt: „Und wir heizen nicht mehr länger mit fossilen Energien.“

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