Moderne Arbeitswelten: Die Balance finden

Homeoffice, hybride Arbeitsmodelle und flexible Arbeitszeiten – die Pandemie hat die Arbeitswelt grundlegend verändert. Klassische Bürostrukturen weichen immer mehr modernen Konzepten, die den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Gibt es überhaupt noch ein Zurück zum „alten“ Büro? Sebastian Thies, Geschäftsführer des Familienunternehmens thies - for work aus Stadtlohn, hat darauf eine klare Antwort: „Es mag zurück ins Büro gehen, aber nicht mehr ins alte Büro.“

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Seit 2021 leitet er das Unternehmen, das sich seit seiner Gründung 1986 vom Anbieter für Lehrmittel zu einem Anbieter für moderne Raumkonzepte und technische Lösungen entwickelt hat. Für ihn ist Veränderung nicht nur ein Markttrend – sie ist tägliches Geschäft. „Der klassische Schreibtisch hat ausgedient“, erklärt Thies. „Heute sprechen wir über höhenverstellbare Arbeitsflächen, Treffpunkte auf offener Fläche und Räume, die Kommunikation und agile Zusammenarbeit fördern.“ Der Fokus liegt darauf, eine Umgebung zu schaffen, in der sich Menschen wohlfühlen und produktiv arbeiten können. 

Doch wie findet man die richtige Balance? Unternehmen müssen abwägen: Die Vorteile von Home­office und Flexibilität stehen dem Wunsch nach Präsenz und persönlichem Austausch gegenüber. Besonders soziale Treffpunkte spielen dabei eine entscheidende Rolle. „Diese Areale für ungezwungenen Austausch und spontane Gespräche sind oft der Ort, an dem die besten Ideen entstehen“, betont Thies.

Beratungsprozess

Ein Beispiel dafür liefert ein Kunde aus Dortmund: Trotz großzügiger Bürofläche wurde die Anzahl der fest zugewiesenen Arbeitsplätze reduziert. Stattdessen schuf man offene Bereiche für Meetings und kreative Zusammenarbeit. „Dafür braucht es ein neues Mindset, um diese neue Arbeitskultur im Unternehmen etablieren zu können“, erklärt Thies. Um das passende Konzept für Kunden zu entwickeln, brauche es einen bestimmten Beratungsprozess: Zunächst höre man genau hin und nehme sich Zeit, um die Anforderungen, Erwartungen und strategischen Ziele an das Vorhaben genau zu verstehen. Im Anschluss analysiert das Thies-Team die Ist-Situation im Unternehmen und definiert gemeinsam mit den Kunden die Projektziele. Daraus entstehen individuelle Raum- und Designkonzepte mit der passenden Produktauswahl aus technischen Lösungen, ergonomischer Arbeitsplatzausstattung, Sonderbauten und Designmöbeln. Bei der Umsetzung von beispielsweise Sonderbauelementen greift Thies auf ein Netzwerk aus Tischlern und Ladenbauern zurück, um entsprechende Lösungen zu realisieren.

Der Hauptsitz in Stadtlohn dient dabei durchaus als eine Art lebendiger Showroom. Dort werden verschiedene New-Work-Ansätze direkt erlebbar: Flexible Arbeitsplätze, offene Strukturen, Rückzugs- sowie veränderbare Meetingbereiche und Treffpunkte kombiniert mit moderner Medien- und Konferenztechnik, ergänzt durch eine intelligente Raumbuchungslösung und kreative Gestaltungselemente machen das Büro zu einem Ort, an dem sich Mitarbeitende täglich neu entscheiden können, wo und wie sie heute arbeiten möchten. Sebastian Thies selbst kann hier als Beispiel dienen: Er verzichtet auf ein klassisches Chefbüro und bucht sich jeden Tag flexibel spontan an dem Arbeitsplatz ein, den er gerade zur Erledigung seiner Aufgabe benötigt. Sein Lieblingsarbeitsplatz ist derzeit ein halb transparentes Work-Tent, eine Art Zelt.

Grundsätzlich lässt sich formulieren: Offene Raumstrukturen fördern Kommunikation, während enge Einzelbüros sie oft hemmen. Dennoch gibt es keine Standardlösungen: „Eine Anwaltskanzlei braucht andere Räume als eine Kreativagentur“, erklärt Thies. Es komme darauf an, Arbeitsplätze zu schaffen, die auf die jeweiligen Anforderungen des Unternehmens und die Nutzer zugeschnitten sind.   

Keine Spielerei

Besonders junge Talente schätzen moderne Arbeitsumgebungen, sagt Thies. Ein funktionales Lounge-Sofa oder ein gemütlicher Rückzugsort seien für sie keine Spielerei, sondern ernstzunehmende Arbeitsplätze. „Man muss bereit sein, für solche Veränderungen belächelt zu werden“, sagt er mit einem Schmunzeln. Gleichzeitig warnt er davor, Veränderungen um jeden Preis durchzusetzen: „Ein Bällebad im Büro? Das muss schon einen echten Mehrwert haben.“

Für Thies steht fest: Moderne Arbeitswelten sind kein Selbstzweck. Jeder Raum müsse dazu beitragen, dass Menschen effizient arbeiten können. Dabei sieht er einen klaren Trend hin zu mehr Privats­phäre – jedoch nicht durch geschlossene Räume, sondern durch in sich begrenzte Zonen, die Rückzugsorte schaffen.

Noch einen eher unerwarteten Punkt erwähnt Thies: Besonders in unsicheren Zeiten mit externen Krisen oder gesellschaftlichen Störfaktoren bräuchten Büros auch Bereiche der Beständigkeit, die so bleiben dürfen, wie sie sind, oder die Möglichkeiten geben, lieb gewonnene Traditionen weiter fortzuführen. Der Geschäftsführer betont: „Das Büro muss ein Ort sein, an den ich gerne komme und an dem ich mich willkommen fühle. Der aber zugleich Ruhe für konzentrierte Arbeit bietet und Kommunikation und Zusammenarbeit fördert.“ Gerade junge Menschen suchten heute genau solche Orte. Auch das kann also ein wichtiges Argument sein für Unternehmen beim Versuch, Mitarbeiter zu finden.
 

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