H. Klümper | „Etwas von einem Disney-Film“

„Ich habe mich mein ganzes Leben lang vorbereitet, um den Job zu machen“, sagt Sinah Klümper. Der Job: Das ist die Übernahme des Schinkenproduzenten H. Klümper in Schüttorf, der den Einzel- und Großhandel unter Handelsmarken wie unter der eigenen Marke beliefert. Seit Januar ist sie im Familienbetrieb als geschäftsführende Gesellschafterin tätig und soweit es die 31-Jährige betrifft, gab es an dieser Perspektive auch nie Zweifel. „Meine Eltern sagen, mein erstes Wort sei Knochenschinken gewesen“, sagt sie und lacht. Ob’s stimmt? In jedem Fall passe es, denn der Weg sei einfach vorgezeichnet gewesen.

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Ihrem Vater Heinrich-Eckhard Klümper sei es immer wichtig gewesen, der Tochter Freiraum zu lassen. „Druck gab es da nicht“, erinnert sich Klümper, die Lebensmittelwirtschaft in den Niederlanden und Kanada studierte und zwei Bachelor-Abschlüsse in Business Administration und Agriculture vorweisen kann – und eine Masterarbeit über Fleischqualität erstellt hat. Dann stieg sie andernorts ins Berufsleben ein: „Nach der Herstellung wollte ich auch die andere Seite kennenlernen“, erinnert sie sich. Fünf Jahre bei der Metro in Düsseldorf folgten, inklusive Führungsverantwortung im Konzern. Wenn Klümper sagt, sie sei immer etwas ungeduldig, mag man das glauben.  

Begleitung durch Beratungsunternehmen

Seit zwei Jahren ist sie zurück in der Heimat Schüttorf und im Oktober 2023 trat sie ins väterliche Unternehmen ein, übernahm Anfang 2025 die Anteile einer vorherigen Gesellschafterfamilie, aus deren Reihen sich keine Nachfolge abzeichnete. Um das notwendige Kapital aufzubringen, trat sie an die Grafschafter Volksbank heran. „Die waren in meiner Situation flexibel und agil“, erinnert sie sich. Das Beratungsunternehmen Grafschafter Wertekontor begleitete die Übernahme und moderierte die Verhandlungen. „Die haben uns wirklich gut bei der Kommunikation geholfen, es gab keine Konflikte und wir hatten immer einen Ansprechpartner.“  

Alle Abteilungen besucht

Jetzt gehören 65 Prozent der Anteile der Nachfolgerin und damit ist der Nachfolgeprozess ganz offiziell angestoßen. „Mein Vater ist 61, er ist fit und offen für Neues und auch bereit, Dinge zu hinterfragen.“ Klümper sagt: Er habe sie alles kritisch unter die Lupe nehmen lassen. Dabei kannte sie das Unternehmen ohnehin von Kindesbeinen an. „Ich habe hier früher schon Ferienjobs gemacht.“ Jetzt, im Zuge ihres Einstiegs, habe sie aber alle Abteilungen noch einmal genauer besucht, um Arbeitsabläufe zu verstehen und Hintergründe zu erfahren. „Es ist eben immer etwas anderes, auch zusammenzuarbeiten“, sagt die 31-Jährige. Vom Band bis zum Schreibtisch war alles dabei. Beim Einstieg habe ihr geholfen, dass sie zuvor für ein anderes Unternehmen tätig war. „Andere Prozesse zu kennen, verhindert eine gewisse Betriebsblindheit.“ Die andere wichtige Bedingung für die Übernahme: Zeit. „Man muss langfristig planen, damit einem am Ende nicht die Zeit wegläuft.“ 

Der Plan sei nun, dass sich der Vater perspektivisch zurückziehe – schrittweise, wie Klümper sagt. Ein Zieldatum gibt es nicht. Dem Zufall werde allerdings nichts überlassen. „Wir haben für unsere Entscheidungsfindungen klare Regelungen“, betont Klümper. Da die „Neue“ am Ende auch die Konsequenzen betrieblicher Entscheidungen tragen werde, würden sie auch nach ihren Vorstellungen getroffen. „Wir waren uns aber ohnehin selten uneinig.“  

Ein bisschen muss Sinah Klümper selbst schmunzeln. So reibungslos, so organisch, lief ihr Einstieg, dass der Prozess von außen „etwas von einem Disney-Film“ habe, gibt sie zu. Begeistert sei sie davon, wie viel Offenheit sie aus den Reihen der Angestellten erfahre. „Das hat mich überrascht, diese Lust auf Neues, die Offenheit für meine Fragen.“ Es gebe Kollegen, die zwar kurz vor der Rente stünden, aber noch intensiv daran mitarbeiteten, Dinge zu verändern. 

Herausforderung Automatisierung

Veränderung gehöre zur Realität, sagt sie. Gerade in der Lebensmittelbranche. „Das Umfeld ist hart, es gibt viele große Player. Wir brauchen alle Kraft, um uns hier behaupten zu können.“ Eine große Herausforderung sei die Automatisierung und damit verbunden der Ansatz, Mitarbeiter zu entlasten. Und das Unternehmen müsse sich auf äußere Einflüsse wie Afrikanische Schweinepest oder Maul- und Klauenseuche einstellen. „Ich will dabei nicht alles anders machen“, sagt Klümper. „Wir haben einen guten Standard, den wir noch besser machen wollen.“  

Mit Blick auf ein künftiges Wachstum hat sie bereits einen Blick auf eine freie Fläche am Unternehmenssitz geworfen, auf der pers­pektivisch ein neues Gebäude entstehen könnte. „Das gehen wir Schritt für Schritt an“, sagt Klümper. „Wir wollen wachsen, aber wir wollen auch gesund wachsen.“

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