Kerngeschäft von Frudist ist die Produktion von gefriergetrockneten und dadurch länger haltbaren Früchten. Mit diesem Geschäftsmodell zählt das junge Unternehmen zu den sogenannten Foodtech-Start-ups. Produziert wird auf 200 Quadratmetern, die Frudist im Business- und Innovationspark Quakenbrück angemietet hat. „Wir wenden dabei eine neue Technologie an, um das Obst, das wir von Landwirten in der Region bekommen, möglichst schonend und gleichzeitig energieeffizient zu trocknen“, erklärt Lammerskitten. In der Praxis sieht das so aus: Durch eine spezielle Vorbehandlung wird die Zellmembran der Früchte geöffnet, sodass das enthaltene Wasser leichter austreten kann. Die Trocknungszeit reduziere sich so um rund 30 Prozent. Verkauft werden die Snacks dann an den Endverbraucher über den eigenen Online-Shop des Unternehmens, aber auch über den Handel wie Feinkostläden, Hofläden und in Supermärkten in der Region, wie beispielsweise Osnabrück.
Idee durch Masterarbeit entstanden
Die Idee für das Verfahren ist Lammerskitten im Rahmen der Forschung zu ihrer Masterarbeit am DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V. in Quakenbrück gekommen. Die Jungunternehmerin hat Agrar- und Lebensmittelwirtschaft an der Hochschule Osnabrück studiert und am DIL geforscht. Ihr Masterthesis-Betreuer – und heutiger Mitgründer – Dr. Oleksii Parniakov ist Verfahrensingenieur und war von Beginn an dabei. „Vor dem Hintergrund, die Verschwendung von Lebensmitteln zu reduzieren und dabei so energieschonend wie möglich zu arbeiten, war der Ansatz, sonnengereifte Früchte schnell länger haltbar zu machen, bevor sie verderben. Bei der Probenanalyse hat sich immer mehr abgezeichnet, dass das Verfahren nicht nur wissenschaftlich spannend ist, sondern auch für den Markt passend sein könnte“, blickt Lammerskitten zurück. Denn: Mit dem speziellen Verfahren blieben bei den Früchten trotz Trocknung Farbe, Form, Geschmack und Vitamine erhalten.
Markt mit Probemengen getestet
Lammerskitten und Parniakov stellten sich zunächst ganz grundsätzliche Fragen zur Markterschließung: Verarbeiten wir die Trockenfrüchte selbst? Beauftragen wir ein Lohnunternehmen, das mit unserer Technologie produziert? Richten wir uns an B2B- oder B2C-Zielgruppen? Oder verkaufen wir die Idee direkt an ein größeres Unternehmen aus der Lebensmittelbranche? Gemeinsam haben sie sämtliche Optionen durchgespielt, mit großen Lebensmittelherstellern gesprochen und schließlich selbst den Markt mit kleinen Probemengen getestet. „Für uns war dann schnell klar, dass der B2C-Markt mit dem Endverbraucher als Zielgruppe für uns die beste Option ist. So sind wir auch nach wie vor Herr unserer Geschäftsidee und können sowohl Qualität als auch Regionalität sicherstellen – das war uns von Anfang an wichtig und da sehen wir auch unsere Nische“, erklärt Lammerskitten. Zwei Jahre Entwicklungszeit steckten hinter Frudist, bis die ersten Produkte offiziell auf den Markt kamen.
Anschubhilfe durch Förderprogramme
Finanzielle Anschubhilfe gab es dabei von verschiedenen Förderprogrammen. Denn Frudist hatte ein für Start-ups „typisches“ Problem: „Unser Geschäftsmodell ist sehr technologielastig. Wir benötigen für unsere Produktion spezielle Maschinen, mussten anfangs viel testen und Prototypen entwickeln. Das ist kostspielig“, gibt Lammerskitten einen Einblick. So bekam Frudist zum Beispiel Unterstützung durch das Start-up-Zentrum Seedhouse in Osnabrück sowie durch das EU-weite EIT Food Seedbed Accelerator-Programm für Gründer und Start-ups aus dem Agrar- und Lebensmittelsektor. Im Rahmen dieses Programms wurden die beiden Gründer am DIL in Quakenbrück betreut. Noch heute stehen ihnen das Institut und das Seedhouse-Netzwerk bei Fragen zur Verfügung. „Ein solches Netzwerk mit Zugang zu Experten ist Gold wert. Wir konnten so zum Beispiel gemeinsam diskutieren, was die nächsten Schritte einer Gründung sind, wie wir überhaupt den Markt erschließen können, wie ein vernünftiger Businessplan aussieht und welches Corporate Design wir uns geben“, blickt die Gründerin zurück. „Das war sehr hilfreich, weil wir zwar schon eine gute Idee hatten, aber in Sachen Gründung vor einem weißen Blatt Papier saßen. Deshalb darf man sich nicht zu schade sein, nachzufragen.“
Als großen Vorteil sieht Lammerskitten auch, dass sie nicht als Einzelkämpferin gestartet ist. „Einen Mitgründer mit im Boot zu haben, kann sehr hilfreich sein, um Entscheidungen auch mal von einer anderen Seite betrachten zu können. So lassen sich Aspekte berücksichtigen, die man womöglich allein gar nicht bedacht hätte“, erklärt sie. Auch die fachliche Expertise ließe sich so gut aufteilen: Lammerskitten ist für den wirtschaftlichen Bereich bei Frudist zuständig, Parniakov für den technischen.
Aufmerksamkeit durch Wettbewerbe
Um das Start-up auf dem Markt bekannt zu machen, hat das Gründerteam an Start-up-Wettbewerben und Gründerpreisen teilgenommen. Das verschaffe öffentlichkeitswirksame Aufmerksamkeit. So trägt bereits eines der Produkte von Frudist das Prädikat „Kulinarischer Botschafter innovativ 24“. Bei dem landesweiten Wettbewerb unter der Schirmherrschaft des niedersächsischen Ministerpräsidenten hatte das Start-up die Jury mit gefriergetrockneten Erdbeeren überzeugt. „Insbesondere als noch nicht bekanntes, junges Unternehmen hilft es für die Reputation natürlich besonders, wenn man eine solche Auszeichnung, die vom Landesministerium unterstützt wird, tragen darf. Das schafft Vertrauen bei unseren Zielgruppen und zeugt von Seriosität“, betont Lammerskitten. Die Wirtschaftsingenieurin sieht darin aber noch einen weiteren, viel entscheidenderen Vorteil: „Das Netzwerk, das man sich durch die Teilnahme aufbaut, bietet viele interessante Kontakte, sei es zur eigenen Branche, aber auch zu anderen Experten, die in der Gründungsphase und bei weiterem Wachstum helfen können.“
Aus Fehlern lernen
Und die bei Fehlentwicklungen genau das den Gründern unverblümt vor Augen halten. „Wir haben mit der Hochschule Osnabrück das Verpackungsdesign für unsere Snacks entworfen. Oleksii Parniakov und mir war dabei total wichtig, dass unsere effiziente Verfahrensmethode – unsere Idee – auf der Verpackung deutlich wurde. Wir wurden allerdings eines Besseren belehrt und mussten einsehen, dass unsere Zielgruppe viel mehr Wert auf Regionalität und Qualität der Früchte legt“, räumt Lammerskitten ein. Deshalb sind auf der Verpackung nun hauptsächlich die enthaltenen Früchte zu sehen.
„Letztendlich muss es der Zielgruppe gefallen“
Einen klaren Fokus behalten, aber dennoch immer wieder flexibel genug sein, um auf Veränderungen und Anforderungen auf dem Markt reagieren zu können – das sieht die Gründerin als Schlüssel zum Erfolg. „Als Gründer ist man anfangs von der eigenen Idee sehr begeistert. Trotzdem darf man nicht verkennen, dass das Produkt letztendlich der Zielgruppe gefallen muss“, macht Lammerskitten klar. Mit Frudist sind sie und Parniakov mittlerweile einen Schritt weiter: Die nächste Finanzierungsrunde läuft aktuell. Ziel ist es nun, weitere regionale Sorten – aktuell besteht das Sortiment aus Apfel, Birne, Himbeere und Erdbeere – ins Programm aufzunehmen, neue Vertriebskanäle zu erschließen, die Produktion auszubauen und so weiterzuwachsen. „Dieses Jahr haben wir zehn Tonnen frisches Obst zu einer Tonne getrocknete Früchte verarbeitet. Im kommenden Jahr wollen wir aus 30 Tonnen Obst drei Tonnen generieren“, blickt Lammerskitten voraus.