Ferro Umformtechnik - Für den Durchblick

Brille aufsetzen, ein paar Jahre vorspulen und als Avatar durch die Produktionshalle der Zukunft laufen. Was nach einem neuen Action-Spiel klingt, ist das Ergebnis eines wissenschaftlichen Projekts, das Ferro Umformtechnik aus Stadtlohn gemeinsam mit der Westfälischen Hochschule in Bocholt umgesetzt hat. Mit dem Ziel, den Standort des Metallverarbeitungsunternehmens Schritt für Schritt digital zu transformieren und somit die Weichen zur „Industrie 4.0“ zu stellen, haben Ferro, Studierende und ein bestehendes Hochschulnetzwerk die Entwicklung der Produktion visuell erfasst und mit einer VR-Brille erlebbar gemacht. Mit diesem Wissenstransfer-Projekt soll nicht nur die Zukunft der Produktion gezeigt, sondern den 220 Mitarbeitenden vor allem die Vision, die die Ferro-Geschäftsführung verfolgt, buchstäblich vor Augen geführt werden.

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„Digitalisierung, Industrie 4.0 und digitale Transformation sind Schlagworte, die wir mit Leben füllen wollen. Denn klar ist: Wir müssen unsere Produktion langfristig ins digitale Zeitalter führen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben und unsere Prozesse immer weiter zu optimieren“, betont Robert Heimbuch, Leiter Produktionsmanagement bei Ferro. 2018 hat der geschäftsführende Gesellschafter Heinz Dünne erstmals Kontakt zur Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen aufgenommen. Eine Woche lang waren dann Experten bei Ferro vor Ort und haben sich die Produktionsabläufe von A bis Z angesehen. Geprüft wurde, an welchen Stellen sich Prozesse digital verbessern lassen und wie der Idealzustand der bereichsübergreifenden Prozesse in Zukunft sein sollte. Herausgekommen ist dabei eine digitale Roadmap mit etwa 40 verschiedenen Projekten, mit denen Ferro die Fertigung Schritt für Schritt digitalisieren und optimieren kann. 

Die digitale Ansicht der Produktion ist eines dieser Projekte. Es ermöglicht mithilfe einer VR-Brille den Blick in die Fertigungshalle der Zukunft. Die Träger der Brille können sich also schon heute anschauen, wie das Laserschneiden, Abkanten und Laserschweißen zur Herstellung von Bauteilen und Komponenten im künftigen Produktionsprozess bei Ferro ablaufen sollen. Um allen Mitarbeitenden diese Vision zu zeigen, hat die Westfälische Hochschule in Bocholt einen Film erstellt. Damit kann das Unternehmen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bildlich veranschaulichen, was digitale Transformation für Ferro bedeutet: Wo und welche Anlagen in der Produktion aufgestellt sind, an welcher Stelle die Bleche gelagert werden und wie die Ware von A nach B kommt. Diese transparente Darstellung einer digitalisierten Produktion sei in der Belegschaft sehr gut angekommen. „So kann jeder nachvollziehen, wo wir mit Ferro in ein paar Jahren stehen wollen. Gleichzeitig bauen wir so auch Unsicherheiten ab, denn klar ist, dass sich die eine oder andere Aufgabe in unserem Ferro-Team durch die Digitalisierung ändert oder neu dazukommt“, betont Heimbuch. Für den Produktionsmanagement-Leiter war die Entwicklung dieser virtuellen Produktion ein ganz besonderes Erlebnis: „Es war sehr faszinierend, dass man durch die VR-Brille in eine andere Welt eingetaucht ist, um dann als Avatar durch die Produktion zu laufen und Abläufe zu visualisieren.“ 

Anhand der Animation kann das Unternehmen nun besser planen, an welchen Stellen die Fertigung in den kommenden Jahren optimiert und digitalisiert werden kann. Erste Veränderungen hat Ferro bereits umgesetzt: So hat das Unternehmen bereits in eine Anlage investiert, die Bleche automatisch anhebt und verarbeitet. Da Ferro Bleche im Großteilformat, also bis zu 12,5 Meter lang, verarbeitet, sei das eine erhebliche Erleichterung. Damit beschleunigt das Ferro-Team die Logistik und den Mitarbeitenden bleibt mehr Zeit für andere Aufgaben. Auch eine neue Software für die computergesteuerte Fertigung hat Ferro vor kurzem angeschafft. 

Damit ist die digitale Transformation bei dem europaweit tätigen Metallverarbeitungsunternehmen, das unter anderem Elemente für die Höhenzugangstechnik wie Kräne oder Hubarbeitsbühnen, für die Nutzfahrzeugbranche und den Waggonbau liefert, aber noch längst nicht abgeschlossen. „Der Wissenstransfer in der Digitalisierung ist für uns zur strategischen Langzeit-Aufgabe geworden. Bis wir alle Projekte umgesetzt haben, wird es einige Jahre dauern und sicherlich ergeben sich währenddessen immer wieder Änderungen oder Neuerungen, die wir mithilfe des Know-hows der Studierenden schrittweise angehen“, ist Heimbuch überzeugt. 

Die Zusammenarbeit mit der Hochschule Bocholt habe dem Unternehmen den Einstieg in die digitale Transformation erleichtert, wie Hanne Wensing, Marketingleiterin bei Ferro, erklärt. „Auf diese Weise konnten wir wertvolles Fachwissen ins Haus holen, das wir allein nicht hätten aufbringen können“, betont sie. Um das neue Wissen im Team zu implementieren, nehmen die Mitarbeitenden regelmäßig an Schulungen und Weiterbildungen teil. „Die besten Digitalisierungsstrategien bringen nichts, wenn die Kolleginnen und Kollegen nicht in der Lage sind, sie anzuwenden“, betont Wensing.

Anja Wittenberg


Ferro verarbeitet Bleche im Großteilformat.
Blick auf den Produktionsstandort von Ferro in Stadtlohn
 

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