ZIEGELEI DEPPE, UELSEN | Zwischen Ziegeln und Konzertbühne

„Wir möchten unsere potenziellen Kunden und Geschäftspartner anders von uns überzeugen.“ Wenn Gina Preuschoff über Marketingkonzepte bei der Ziegelei Deppe in Uelsen spricht, dann geht es dabei vor allem um ungewöhnliche Ideen: ein Konzert mitten in der Ziegelei zwischen Tunnelofen, Ofenwagen und Ziegelpresse oder ein gemütlicher Abend am Kamin für Architektinnen und Architekten. Das Event-Marketing spielt bei dem Unternehmen seit dem Strategiewechsel, den Dr. Dirk Deppe mit seinem Einstieg in die Geschäftsführung 2009 eingeleitet hat, eine große Rolle.

Foto: Iris Kersten

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Mit den Veranstaltungen spricht die Ziegelei verschiedene Zielgruppen an. Der Kaminabend, der seit 2013 jedes Jahr stattfindet, richtet sich insbesondere an Architektinnen und Architekten. „Vor etwa zehn Jahren waren wir mit unseren Produkten überwiegend regional unterwegs und hatten ein überschaubares Sortiment an Klinkern und Backsteinen“, blickt Geschäftsführer Dirk Deppe zurück. Architektonisch besondere Projekte waren daher eher die Ausnahme. Das sollte sich ändern: „Mit Blick auf unsere zukünftige Ausrichtung haben wir uns überlegt, ein zusätzliches Standbein als Ergänzung zum üblichen Einfamilienhausbau zu schaffen. So haben wir angefangen, Backsteine für besondere Objekte, oftmals genau nach Kundenvorstellungen, zu entwickeln. Und ganz nach dem Motto ‚Wir prägen Stadtbilder‘ finden sich heute Fassaden aus Deppe-Steinen in ganz Europa“, betont Deppe, der das 1888 gegründete Unternehmen heute in fünfter Generation führt. 30 Prozent der rund 25 Millionen Ziegel, die das Werk pro Jahr produziert, exportiert er heute nach Europa, zum Beispiel nach Rotterdam, wo Deppe die Fassade des Zuidplein-Theaters gestaltet hat. 
Um Kontakte zu den Architektinnen und Architekten, die genau solche Projekte umsetzen, zu knüpfen, hat der Unternehmer den Kaminabend ins Leben gerufen. Dabei kommen Branchenvertreter aus ganz Deutschland und den Niederlanden zusammen und tauschen sich in einer Podiumsdiskussion zu relevanten Themen – beispielsweise zu neuen Baustofftechniken oder „grünen“ Baustoffen – aus. „Wir sind ein mittelständisches Unternehmen mit 75 Mitarbeitenden und haben daher nicht die Budgetpower eines großen Konzerns, der eine überregionale Werbekampagne ausrollen kann. Ziel ist es daher, als Klinkerhersteller ganz ungezwungen ins Gespräch mit Architekturschaffenden zu kommen und ihnen einen Mehrwert mit spannenden Themen zu bieten“, erklärt Marketingbeauftragte Preuschoff. 
Deppe und seinem Team geht es nämlich nicht darum, direkt Geschäftsverträge abzuschließen. „Wir zeigen mit dem Kaminabend, dass uns Baukultur am Herzen liegt und hoffen, so eine gute Basis für eine zukünftige Zusammenarbeit zu schaffen. Für uns steht beim Event-Marketing der nachhaltige Kontakt im Vordergrund“, stellt der Geschäftsführer klar. Mittlerweile kommen jedes Jahr Hundert Bauschaffende zum Kaminabend ins Kloster Frenswegen nach Nordhorn. Zum Event gehören für Deppe aber nicht nur das passende Ambiente und gute Gespräche, sondern auch das „Drumherum“. Die Einladungen, die das Unternehmen zu jedem Kaminabend an Gäste in Deutschland und den Niederlanden verschickt, greifen immer das Thema Klinker auf: „Wir haben beispielsweise schon Einladungen auf einer Backsteinplatte verschickt oder sie in einem Bilderhalter aus Klinkerstein versendet“, erklärt Deppe. 
Einen anderen Ansatz verfolgt die Ziegelei mit einem Konzert. Normalerweise findet das Event zur Weihnachtszeit in der Produktionshalle der Ziegelei statt. Dieses Jahr hat Deppe das Konzert coronabedingt ausnahmsweise in den Sommer und auf die grüne Wiese verlegt. Kommen kann jeder, der mag. „Viele Gäste kennen unsere Ziegelei bislang nur von außen, da die Bundesstraße tatsächlich mitten durch unser Firmengelände führt. Mit dem Konzert in der Produktionshalle bekommen die Menschen einen authentischen Einblick in unser Unternehmen und den zum Teil fast archaisch anmutenden Prozess der Ziegelbrennerei“, erklärt Preuschoff. Auf diese Weise will Deppe authentisch auf sich als Arbeitgeber bei potenziellen Fachkräften und bei jungen Menschen auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz aufmerksam machen. „Vor Corona haben uns die Besucher regelrecht die Hütte eingerannt – das Interesse war groß! Wir hoffen, dass wir bald wieder Konzerte in der Produktion veranstalten können“, betont die Marketingmitarbeiterin. Der Aufwand für das Event ist zwar groß – immerhin muss gewährleistet sein, dass am nächsten Morgen wieder jeder seiner Arbeit in der Ziegelei nachgehen kann. Aber: „Es lohnt sich! Die Menschen aus der Region kommen bei einem Glas Glühwein und guter Musik ins Gespräch. Nebenbei können wir uns als Deppe-Team authentisch, sozusagen in unserem natürlichen Umfeld, umringt von Klinkersteinen, präsentieren“, betont Preuschoff. 
Mit dem Konzert verfolgt das Unternehmen aber auch noch ein ganz anderes Ziel: gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. „Event-Marketing bedeutet für uns auch, etwas zurückzugeben. Das tun wir, indem wir sämtliche Einnahmen, die wir aus dem Konzert generieren, an den Blekkerhof, eine Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung in Uelsen, spenden. Das Blekkerhof-Team übernimmt bei dem Event übrigens auch das Catering“, erklärt Preuschoff. 
Sie betont, dass nicht jedes Event für jedes Unternehmen geeignet ist. „Was auch immer geplant wird, muss zum Unternehmen passen. Man sollte sich nicht in ein Korsett pressen lassen, sondern authentisch bleiben. Wir haben für uns mit dem Kaminabend im Kloster und den Weihnachtskonzerten in der Ziegelei einen Rahmen gefunden, der zum Charakter unseres Teams passt, sich aber gleichzeitig an den Bedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen orientiert. Aber die eine Patentlösung für das richtige Event gibt es nicht. Da muss sicher jedes Unternehmen seinen individuellen Weg finden.“

Anja Wittenberg

 

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