Übernahmen und Verschelzungen - Einsatz für den Notar

Verschmelzungen und Übernahmen von Unternehmen sind intensive, komplexe und vor allem multidisziplinäre Prozesse. Wenn dieser Schritt dann auch noch über die Landesgrenze hinaus erfolgt, gilt es, ganz genau auf die steuerlichen und rechtlichen Aspekte zu schauen. Wie eine grenzüberschreitende Übergabe von Unternehmen aus Deutschland und den Niederlanden gelingt und was es dabei notariell zu beachten gibt, erklären Mariëlle Kisfeld-Mommer und Harold Oude Smeijers, beide Steuerberater der Kanzlei KroeseWevers in Oldenzaal, sowie Rechtsanwalt Dr. Arjen Westerdijk und Notar Matthijs van Rozen von der Kanzlei KienhuisHoving in Enschede für Wirtschaft aktuell.

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STEUERLICHE ASPEKTE

Bei einer Übernahme erwirbt ein Unternehmen alle oder die Mehrheit der Anteile einer anderen Gesellschaft. Dabei verbleiben die Aktiva und Passiva sowie alle Rechte und Pflichten wie Verträge mit Lieferanten, Mitarbeitern und Kunden, Lizenzen und Verbindlichkeiten gegenüber den Steuerbehörden im Unternehmen. Die Führung ändert sich, nicht aber das verkaufte Unternehmen.

ANTEILSÜBERNAHME

Bei der Übernahme der Anteile ist es wichtig, dass der Erwerber sich vorher genau über die Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Rechte und Pflichten des betreffenden Unternehmens informiert, um dadurch den Wert des Unternehmens zu ermitteln. Mithilfe einer Due-Diligence-Prüfung kann der Wert des Unternehmens ermittelt werden. Dabei handelt es sich um eine Prüfung, die der Käufer in der Phase vor Abschluss eines endgültigen Vertrags durchführt. Auf Grundlage des Ergebnisses entscheidet er, ob er den Erwerb fortsetzen möchte oder nicht. In der Prüfung werden steuerrechtliche oder zivilrechtliche Risiken aufgeführt. Auch Themen wie beispielsweise der Übergang von Personal oder nicht abzugsfähige Erwerbskosten werden berücksichtigt. 

Bei der Übernahme der Anteile ist häufig zu beobachten, dass der Verkäufer seine Anteile über eine Holdinggesellschaft hält. Die Anteile werden von der Holdinggesellschaft an den Käufer verkauft. Durch die Anwendung des Schachtelprivilegs muss der Verkäufer keine Steuern auf den erzielten Gewinn zahlen.

Anteile an einer niederländischen B.V. können nur mit einer niederländischen notariellen Urkunde übertragen werden. Dabei kontrolliert der Notar die Eigenschaften der Parteien. Außerdem kontrolliert er, wie die Anteile zuvor erworben wurden, er prüft die vorherigen Urkunden und ob die Gesellschafterliste vorliegt und vollständig ist. Wenn die B.V. eine Sperrklausel hat (in der Regel Zustimmung oder Angebot), muss diese zuerst angewendet werden, da sonst die Gefahr einer ungültigen Übertragung besteht.

Die Vereinbarungen über den Verkauf und die Garantien können in die Urkunde selbst aufgenommen werden. Bei komplexeren Transaktionen sind diese oft in einem separaten Kaufvertrag enthalten. Der Kaufvertrag kann auch von einem (unabhängigen) Notar aufgesetzt werden, aber manchmal ziehen es die Parteien vor, ihre eigenen Berater einzuschalten.

AKTIVA-PASSIVA-ÜBERNAHME

Anstelle einer Übernahme der Anteile ist auch eine sogenannte Aktiva-Passiva-Übernahme möglich. Dabei wird ein Teil der Aktiva und Passiva auf den Käufer übertragen. Was genau übertragen wird, wird mit dem Käufer vereinbart. Bankguthaben, Gläubiger und sonstige Verbindlichkeiten verbleiben in der Regel beim Verkäufer. Der Käufer weiß also, was er übernimmt. Das Risiko unangenehmer Überraschungen wird dadurch verringert. Nachteil einer Aktiva-Passiva-Transaktion ist aber, dass der Käufer häufig Verträge mit Käufern und Lieferanten neu aushandeln muss. Außerdem kann eine Aktiva-Passiva-Übernahme dazu führen, dass Körperschaftsteuer (15 Prozent bis zu einem Betrag von 395.000 Euro, danach 25,8 Prozent) gezahlt werden muss. 
Rechtlich, steuerlich und wirtschaftlich gibt es große Unterschiede zwischen einer Aktiva-Passiva-Übernahme und einer Anteilstransaktion. Bei der Entscheidung sollten vor allem steuerrechtliche Aspekte wie zum Beispiel die Grunderwerbsteuer sowie die Folgen einer Übernahme für die Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer berücksichtigt werden. 

IMMOBILIEN

Unter bestimmten Bedingungen wird die Grunderwerbsteuer in den Niederlanden bei einer Übertragung von Immobilien nicht fällig. Allerdings muss bei grenzüberschreitenden Übernahmen (wie etwa bei der Übernahme einer B.V. mit einer Tochter-Immobilien GmbH) geprüft werden, ob in Deutschland Grunderwerbsteuer anfällt.

UMSTRUKTURIERUNG VOR DEM CLOSING

Manchmal muss die Struktur des Unternehmens vor dem Closing (Abschluss) noch angepasst werden. Zum Beispiel der Eintritt oder Austritt anderer Gesellschafter, die Übertragung von eingetragenem Eigentum, eine Kapitalherabsetzung oder eine Zuzahlung.

GELDVERKEHR

In den Niederlanden ist es üblich, dass der Kaufpreis über das Treuhandkonto des Notars gezahlt wird. Auf diese Weise weiß der Verkäufer, dass das Geld vorhanden ist, während der Käufer weiß, dass die Zahlung erst nach der Übertragung erfolgen wird. Manchmal sind die Geldbewegungen komplex, vor allem wenn Eingänge von verschiedenen Parteien oder Tilgungen vorliegen. Der Notar verfasst einen Notarbrief („notary letter“), in dem die Schritte genau aufgelistet sind. Im Übrigen muss die Zahlung in direktem Zusammenhang mit der Transaktion stehen. Nicht jede Zahlung kann oder sollte über das Treuhandkonto abgewickelt werden. 

SATZUNG

Beim Erwerb einer Beteiligung muss die Satzung kritisch geprüft werden. Muss der Firmenname geändert werden? Ist der Unternehmensgegenstand noch korrekt? Muss eine Geschäftsführungsordnung erstellt werden? Eine Übernahme ist ein guter Zeitpunkt, um die Satzung auf den neuesten Stand zu bringen. Die Satzung muss im Zusammenhang mit der Veröffentlichung im Handelsregister immer in niederländischer Sprache verfasst sein.

ÄNDERUNGEN IN DER GESCHÄFTSFÜHRUNG

Änderungen in der Struktur ziehen oft auch Änderungen in der Geschäftsführung nach sich. Geschäftsführer treten ein oder scheiden aus. Auch die Erteilung der Entlastung ist ein wichtiger Punkt. Das erfordert eine angemessene Beschlussfassung. Der Notar kann die Änderungen auch an das Handelsregister melden. 

SONSTIGE BESCHLUSSFASSUNGEN

Neben der Beschlussfassung in Bezug auf die Geschäftsführung können auch andere Beschlüsse notwendig sein, wie beispielsweise Beschlüsse bezüglich einer Dividendenausschüttung oder einer internen Zustimmung für den Abschluss einer Transaktion. 

FINANZIERUNG UND SICHERHEITEN

Wenn eine Übernahme (teilweise) von einem externen Investor finanziert wird, verlangt dieser oft Sicherheiten. Eine Verpfändung von Anteilen muss durch eine notarielle Urkunde begründet werden. Wenn das Unternehmen über Immobilien verfügt, ist für ein Hypothekenrecht ebenfalls eine Urkunde erforderlich, die vom Notar in das Grundbuch eingetragen wird.

GESELLSCHAFTERVEREINBARUNGEN

Bei Beteiligungen mit mehreren Gesellschaftern wird häufig eine Gesellschaftervereinbarung erstellt. Diese ist nicht öffentlich, während die Satzung natürlich öffentlich ist. In der Praxis gibt es ein breites Spektrum an Arten von Vereinbarungen, komplexen oder einfachen Regelungen usw. Eine solche Vereinbarung ist häufig eine Ergänzung zur Satzung. Wenn die Vereinbarungen im Widerspruch zur Satzung stehen, sollte zunächst geprüft werden, ob eine ähnliche Vereinbarung möglich ist.

MARIËLLE KISFELD-MOMMER
Steuerberaterin, KroeseWevers

HAROLD OUDE SMEIJERS
Steuerberater, KroeseWevers

DR. ARJEN WESTERDIJK
Rechtsanwalt, Kienhuis Hoving

MATTHIJS VAN ROZEN
Notar, Kienhuis Hoving

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