„Die großen Unternehmen, die direkt verpflichtet sind, fordern ihrerseits Nachhaltigkeitsdaten von ihren Zulieferbetrieben“, betont die Ausschussvorsitzende, Tatjana Hetfeld nun in einer Mitteilung der IHK. „Das sind meist kleine und mittlere Unternehmen, die Probleme damit haben, diese bürokratischen Aufgaben zu bewältigen, von denen sie eigentlich ausgenommen sind“, erläutert die Geschäftsführerin der RDN Agentur für Public-Relations GmbH & Co. KG aus Recklinghausen.
Was die neuen Berichtspflichten für die Unternehmenspraxis bedeuten, veranschaulichte Jan-Oliver Hense, Leiter des Energiemanagements bei der Crespel & Deiters Group aus Ibbenbüren. Das Unternehmen muss 630 Daten erfassen, von denen nach Einschätzung Henses viele keinen direkten Bezug zur Nachhaltigkeit besitzen. Er riet allen Unternehmen, die bereits jetzt oder künftig von den Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen sind, sich frühzeitig mit den neuen Regeln zu befassen, einen Wirtschaftsprüfer mit einzubeziehen, die betroffenen Abteilungen im Unternehmen zu informieren und verantwortliche Mitarbeiter zu schulen.
EU-Lieferkettenrichtlinie
IHK-Außenwirtschaftsreferentin Madleen Leufker ging anschließend in ihrem Vortrag über die EU-Lieferkettenrichtlinie vor allem auf die Unterschiede zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ein und gab einen Überblick über mögliche Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft. „Eine nationale Gesetzgebung aufrechtzuerhalten, während in fast allen anderen EU-Mitgliedstaaten eine derartige Regelung noch gar nicht existiert, schafft eindeutig Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft“, mahnte Hetfeld und machte deutlich: „Auch wenn bei der deutschen Regelung aktuell die Berichtspflichten bis Ende des Jahres ausgesetzt sind, müssen die Unternehmen trotzdem die Sorgfaltspflichten erfüllen.“ Die nord-westfälische Wirtschaft stehe klar für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und weltweit menschenwürdige Arbeitsbedingungen ein, betonte sie. „Aber die EU-Lieferkettenrichtlinie ist weder praxistauglich noch verhältnismäßig. Was wir brauchen, sind aber umsetzbare Lösungen auf betrieblicher Ebene“, so die Ausschussvorsitzende Hetfeld.
Auch IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel kritisierte angesichts der konjunkturellen Lage die „ungebremst steigenden Anforderungen“. Das Ziel sei unbestritten richtig, aber: „Vor allem kleinere Unternehmen haben ganz einfach nicht die Ressourcen, immer neue bürokratische Anforderungen zu erfüllen – weder durch neue Mitarbeiter noch durch Fachkräfte, die mit ihren Kernkompetenzen gebraucht werden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs zu sichern.“ Die IHK-Organisation werde in Berlin und Brüssel weiter auf eine Verschlankung und Vereinfachung der Vorschriften pochen, so Jaeckel.