Warendorf

Peter Horstmann: „Wir erreichen wieder einen Ausstellerrekord“

Im Interview mit Wirtschaft aktuell blickt Warendorfs Bürgermeister Peter Horstmann auf die Berufsorientierungsmesse am 25. und 26. Juni sowie auf ein „wegweisendes Projekt“ in Sachen Energiewende in Warendorf.

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Herr Horstmann, wie geht es den Unternehmen in Warendorf denn zurzeit?
Mit der Insolvenz des Küchenmöbelherstellers Warendorf Werke mussten wir leider einen echten Stimmungsdämpfer akzeptieren. Auch die Baubranche muss kämpfen. Dennoch stimmen mich objektive Daten wie zum Beispiel die weiterhin relativ niedrige Arbeitslosenquote optimistisch. Mein Eindruck ist, dass unsere Unternehmen gut aufgestellt sind, auf Herausforderungen gut reagieren können und sich rechtzeitig Gedanken zu ihrer betrieblichen Zukunft gemacht haben. Diese Einschätzung hat mich übrigens darin bestärkt, dass eine moderate Erhöhung des seit 2011 unveränderten Gewerbesteuerhebesatzes vertretbar ist und unsere Unternehmen dank ihrer Leistungsfähigkeit nicht überfordern wird.   

Welche Herausforderungen beschäftigen die Unternehmen aktuell besonders?
Ich spüre – nicht nur in Warendorf – eine generelle Unsicherheit und Unzufriedenheit, die aus ganz unterschiedlichen Quellen genährt wird. Die Arbeitswelt verändert sich zunehmend, Technologie wird immer intelligenter und so wird es immer schwieriger, sich auf seine betrieblichen Erfahrungen zu verlassen und den richtigen Moment für einschneidende, aber eben auch entscheidende Veränderungen abzupassen. Auch die enormen Transformationsprozesse in der deutschen Wirtschaft, gerade im Bereich der Energiegewinnung, tragen im Moment leider nicht zu stabilen politischen Rahmenbedingungen bei. Das führt zur Zurückhaltung bei Investitionen bei Unternehmen und natürlich im privaten Bereich. Ganz konkret suchen unsere Unternehmen allerdings in allen Bereichen nach qualifizierten Fachkräften. Der Wille, Zukunft zu gestalten und klugen Köpfen große Chancen zu bieten, ist also ungebrochen.

Apropos Fachkräfte: Am 25. und 26. Juni findet wieder die Berufsorientierungsmesse (BOM) in Warendorf statt. Wie relevant sind solche Veranstaltungen für die Nachwuchsgewinnung der Unternehmen vor Ort?
Sie sind ein ganz wichtiger Baustein für die Stadt Warendorf, aber auch für die gesamte Region. Dass wir in diesem Jahr wieder einen neuen Ausstellerrekord erreichen werden, zeigt, wie stark sich die Unternehmen um junge, motivierte Menschen bemühen. Aktuell haben sich bereits 145 Betriebe (Anm. d. Red.: Stand April 2024) angemeldet. Die BOM ist vor allem für Schülerinnen und Schüler eine ideale Möglichkeit, in lockerer Atmosphäre mögliche Hemmschwellen beim Kontakt mit einem zukünftigen Ausbildungsbetrieb zu überwinden. Der erste Messetag – Dienstagnachmittag – bietet die Chance für individuelle und ausführliche Gespräche zwischen den jungen Leuten und Betrieben. Es ist nicht so voll und oft werden die Schülerinnen und Schüler auch von ihren Eltern begleitet, die natürlich ebenso erfahren möchten, wie die Betriebe aufgestellt sind. 

Und der zweite Messetag?
Der Mittwochmorgen wird von vielen Schulen aus dem Kreisgebiet genutzt. Im Rahmen der schulischen Berufsorientierung kommen sie klassenweise nach Warendorf. Gut 2.000 Schülerinnen und Schüler werden es in diesem Jahr wieder sein. Dann gehen die Schülerinnen und Schüler eher in Gruppen gemeinsam mit ihren Freunden von Stand zu Stand und informieren sich.

Ein Thema, das Kommunen bundesweit zurzeit stark beschäftigt, ist die Energiewende. Ein Großprojekt in Warendorf, für das im ersten Bauabschnitt rund 40 Millionen Euro einkalkuliert sind, ist in diesem Kontext die Installation eines Fernwärmenetzes in der Altstadt. Wie ist da der Stand der Dinge?
Ja, das wäre für Warendorf in der Tat ein wegweisendes Projekt. Ich bleibe hier bewusst im Konjunktiv, da wir aktuell auf einen Förderbescheid aus Berlin warten. Ohne Förderung ist es nicht umsetzbar. Es wäre schließlich eines der bundesweit ersten großen Fernwärmenetze, das seine Wärmeenergie aus dem Wasser eines Flusses gewinnt. Hier betreten alle Beteiligten Neuland – daher auch die Förderung. Als Stadt und Stadtwerke haben wir unsere Hausaufgaben gemacht und alle Voraussetzungen für eine klimafreundliche Energieversorgung der Altstadt geschaffen. Ich hoffe sehr, dass der Bund diese Anstrengungen würdigt und die Ampel alsbald auf „Grün“ stellt. Daran anschließen würde sich aber auch eine noch notwendige politische Beschlussfassung. Denn auch bei einer Förderung der Investitionskosten bleiben bei einem solchen Projekt Unwägbarkeiten und Risiken. Darüber müssen wir mit unserer Politik sprechen und gemeinsam Entscheidungen treffen.

Auch das Neubaugebiet „In de Brinke“ soll über Erdwärme versorgt werden. Kritische Stimmen bemängelten zuletzt steigende Preise für die Wärmeversorgung dieser Art. Haben Sie dafür Verständnis?
Natürlich habe ich dafür Verständnis. Wärmeversorgung ist ein absolutes Grundbedürfnis und volatile Energiepreise wirken sich unmittelbar auf den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger aus. Das hat uns die Energiekrise mehr als deutlich gemacht. In Bereichen wie Erdwärme darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade neu erschlossene Energiequellen mit Anfangsinvestitionen einhergehen, die Auswirkungen auf das Preisniveau haben können, und auch, dass ein Vergleich zwischen Gas- und Fernwärmepreis nicht ganz einfach ist und häufig etwas verkürzt dargestellt wird. Die große Herausforderung bei Wärmeprojekten wird aber sein, dass wir schnellstmöglich, eigentlich ab sofort, konkurrenzfähig mit den konventionellen Technologien – sprich Gas – sind. Nur so können wir uns aus der Abhängigkeit billiger, fossiler Energie lösen. Es darf nicht sein, dass der Pioniergeist der Bevölkerung durch hohe Energiekosten ausgebremst wird und dadurch auf Jahrzehnte wirkende Entscheidungen zu Lasten der Energiewende befördert werden, beispielsweise durch den Einbau neuer Gasheizungen. Hier sehe ich auch den Bund in der Pflicht, Endverbraucher so zu entlasten, dass die Transformation des Energiesektors als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe gemeistert werden kann.

Im Stadtteil Milte laufen zurzeit die Planungen für Windenergieanlagen, die in der Bürgerschaft kontrovers diskutiert werden. Wie geht es da weiter?
Die Entwicklung in Milte ist total spannend, aber auch total offen. Zu Beginn des Jahres haben verschiedene Projektierer vor Ort ihre Projekte vorgestellt und durchaus deutlich gemacht, welches Potenzial Milte für Windkraft bietet. Bei einigen Betroffenen löst das verständlicherweise auch Sorgen aus. Nun muss sich einerseits zeigen, welchen Projektierern es wirklich ernst ist und wie sich andererseits die Rahmenbedingungen in Warendorf weiterentwickeln. Letzteres ist vor allem eine politische Frage, die eine ruhige und umfassende Beratung verdient hat. Regionalplanung, kommunale Bauleitplanung, Bürgerenergiegesetz sind nur einige Stichworte zur Windenergie, mit denen sich Politik, Verwaltung und Bürgerschaft in der kommenden Zeit auseinandersetzen sollten. 

Herr Horstmann, wenn Sie einen Wunsch für Warendorf frei hätten, welcher wäre das?
Ich wünsche mir, dass wir die großen Baustellen, die wir aktuell in der Warendorfer Innenstadt sehen, termingerecht abarbeiten können, sodass wir uns ab 2026 an einer noch schöneren, zeitgemäßen und für Fernwärme fit gemachten Altstadt erfreuen können.

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