Das neue Gewerbegebiet liegt an der Robert-Bosch-Straße mit direkter Anbindung zur ehemaligen B67 an der Stadtgrenze zu Bocholt. Die Flächenverfügbarkeit war für diese Lageentscheidung letztendlich ausschlaggebend. „Aktuell haben wir leider keine Möglichkeit, unsere vorhandenen Gewerbegebiete im Osten von Rhede zu erweitern. Dort ist lediglich noch eine Fläche von rund 6.500 Quadratmetern frei. Daher haben wir uns Richtung Westen orientiert und sind sehr froh, dass wir uns mit den Eigentümern der bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen einigen konnten“, erklärt Hubert Wewering, Verwaltungsvorstand und Beigeordneter der Stadt Rhede. Die Herausforderung: Das Areal ist Wasserschutzgebiet, von Alleen umsäumt und unter anderem zehn verschiedene Fledermausarten sind dort heimisch. Ohne einen besonderen Natur- und Artenschutz wäre das Gebiet also nicht für die Wirtschaft nutzbar. „Insbesondere in Industrie- und Gewerbegebieten hat der nutzungsbedingt hohe Versiegelungsanteil stark negative Folgen für Natur und Klima. Die Flächen heizen sich schneller auf, Niederschlagswasser kann kaum versickern und Tiere und Pflanzen finden nur wenig geeigneten Lebensraum“, zählt Wewering auf. Vor diesem Hintergrund will die Stadt „Rhede-West“ als durchgrüntes Gewerbegebiet planen, in dem Ökonomie und Ökologie sich nicht gleichzeitig ausschließen.
Über eine Leitlinie, die allgemeingültige Standards für die Entwicklung von Gewerbeflächen und den Bau von Gewerbeimmobilien vorgibt, stellt die Kommune sicher, dass die Flächen nachhaltig genutzt werden. Zwei Steuerungsansätze sollen das regeln. Erstens: Politik und Verwaltung haben sich auf umweltbezogene Grundsätze für die Planung von Gewerbe- und Industriegebieten mit standardisierten Festsetzungen in Bebauungsplänen verständigt. Dazu zählt zum Beispiel, dass Niederschlag auf dem Unternehmensgrundstück versickern können muss. „Nur im Notfall soll der Kanal als Back-up dienen“, erklärt Wewering. Dächer sollen bis zu einer Neigung von 15 Grad grundsätzlich begrünt werden, um Niederschlagswasser zurückzuhalten und um zu vermeiden, dass Gebäude überhitzen. Auch bei den Gehölzanpflanzungen auf den Grundstücken gibt es Mindestwerte, die pro Quadratmeter eingehalten werden müssen. Bäume und Sträucher sollen zum einen für Schatten sorgen und zum anderen durch Verdunstung die Umgebungstemperatur senken.Der zweite Steuerungsansatz: Auf privatrechtlicher Ebene sollen bei der Grundstücksvergabe ökologisch orientierte Kriterien berücksichtigt werden.
Punkte sammeln
Das heißt für die Praxis: Neben den üblichen betriebsbezogenen Aspekten wie Zahl der Arbeitsplätze sowie Umsatz- und Gewerbesteuerentwicklung können die Unternehmen Punkte sammeln – mindestens 20 müssen sie erzielen, maximal 45 Punkte können sie erreichen. Die Punkte können sie zum Beispiel durch zusätzliche Dach- und Fassadenbegrünung, Blühflächen und die Nutzung von erneuerbaren Energien sammeln. „Mit dem Punktesystem haben wir einen guten Weg gefunden, um die Unternehmen einerseits zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu motivieren, andererseits machen wir niemandem die Tür vor der Nase zu, weil eventuell ein Kriterium nicht erfüllt ist“, betont Wewering. Um das Gewerbegebiet herum sollen außerdem Grünflächen für geschützte Tierarten entstehen.
Die ersten Anfragen für Rhede-West liegen bei der Stadt schon vor. „Die Bewerbungsphase wird aber frühestens Ende 2024 eröffnet“, gibt der Beigeordnete einen Einblick in den Zeitplan. Aktuell muss noch der Flächennutzungsplan geändert und der Bebauungsplan aufgestellt werden. „Sobald die Bauleitplanverfahren abgeschlossen sind, folgen die notwendigen Erschließungsarbeiten und wir starten mit einem öffentlichen Aufruf die Bewerbungsphase“, informiert Wewering. Beginn für die ersten Bauprojekte könnte dann in der zweiten Jahreshälfte 2025 sein.