Uelsen

Hajo Bosch: „Uelsen ist meine Heimat“

Über die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Samtgemeinde Uelsen, die Stimmung in der Wirtschaft vor Ort und über die Umgestaltung der „guten Stube“ spricht Samtgemeindebürgermeister Hajo Bosch im Interview.

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Herr Bosch, die Samtgemeinde Uelsen wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Wie haben Sie das Jubiläum gefeiert?
Wir haben das Jubiläum mit allen Samtgemeinderatsmitgliedern der letzten 50 Jahre und den aktuellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Samtgemeinde Uelsen in einer offiziellen Jubiläumsveranstaltung am 1. März gefeiert. Das war eine tolle Veranstaltung, bei der viele alte Geschichten, Anekdoten und Projekte – unter anderem in einer humorvollen Interviewrunde – zum Besten gegeben wurden. In der Festrede hat Herr Nikolaus Jansen, Landesbeauftragter für regionale Landesentwicklung Weser-Ems, verdeutlicht, welche Projekte in der Vergangenheit in der Samtgemeinde entwickelt wurden. Ein besonderes Anliegen war uns von Anfang an aber auch, das Jubiläum mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu feiern. 

Was haben Sie sich überlegt?
Wir veranstalten am Sonntag, den 25. August ein großes Fest für die ganze Familie im Ortskern von Uelsen. Beginnen wird der Tag mit einem Freiluft-Gottesdienst. Zur Mittagszeit starten dann die Fahrradsternfahrten aus den einzelnen Mitgliedsgemeinden Richtung Uelsen, wo ab 14 Uhr das große Familienfest steigt. Dabei wartet auf die Besucher ein attraktives Bühnenprogramm und es werden sich viele unserer tollen und sehr engagierten Vereine und Institutionen aus der Samtgemeinde präsentieren. Abschließen werden wir den Tag mit einem Konzert der Niedergrafschafter Rock-Cover-Gruppe „Sixtynine“.

Was verbinden Sie heute persönlich mit der Samtgemeinde Uelsen?
Die Samtgemeinde Uelsen ist meine Heimat. Hier bin ich aufgewachsen und habe nach meinem Studium wieder mein Zuhause, sowohl beruflich als auch privat, gefunden. Wenn ich an die Samtgemeinde Uelsen denke, dann denke ich an eine liebens- und lebenswerte Kommune in einer landschaftlich sehr reizvollen Umgebung mit vielen Wäldern, Feldern und Heideflächen. Wir haben hier viele Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten für die ganze Familie, die Strahlkraft über die Gemeindegrenzen hinaus haben. Auf den beiden Heimathöfen oder dem Bronzezeithof sind zum Beispiel „Reisen in die Vergangenheit“ möglich und die vielen Rad- und Wanderrouten laden zur Aktivität und Erkundung unseres sehenswerten Landstriches ein. Aber auch unser Abenteuerspielplatz und unsere Bäderangebote sind lohnende Ziele für Groß und Klein. 

Was zeichnet den Wirtschaftsstandort Uelsen aus?
Wir haben in der Samtgemeinde viele tolle inhabergeführte mittelständische Firmen, die ein breites Angebot an Arbeitsplätzen vorhalten. Leider haben wir keinen Bahn- oder Autobahnanschluss – das ist sicherlich für die Neuansiedlung von Unternehmen nicht vorteilhaft. Aber das war schon immer so, sodass kein Lamentieren hilft. Wir müssen schauen, dass wir trotz dieser Verkehrsnachteile mit anderen, auch mit weichen Standortfaktoren punkten, die in der heutigen Arbeitswelt allerdings einen immer größer werdenden Raum einnehmen. Viele Berufstätige arbeiten und leben an unterschiedlichen Orten, verbunden mit Pendelzeiten, in denen man etwas anderes erledigen könnte. In der Samtgemeinde ist der Gleichklang zwischen gut Leben und Arbeiten möglich. Elementar ist für die Weiterentwicklung eine gute Datenautobahn. In der Vergangenheit wurde darauf, zusammen mit der kommunalen Familie in unserem Landkreis, viel Wert gelegt. Und so haben auch wir unsere Gewerbegebiete und viele Ortschaften bis in die Randlagen hinein mit schnellem Internet ausgestattet. Zu den Standortfaktoren gehört auch der Blick auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Neben einem breiten Schulangebot, in das wir weiter investieren wollen, müssen ausreichend Kita- und Krippenplätze vorgehalten werden. Darum ist es gut, dass im vergangenen Jahr in den Mitgliedsgemeinden Uelsen und Wilsum neue zusätzliche Einrichtungen eröffnet wurden. Ein besonderes Augenmerk müssen wir allerdings auch verstärkt auf die weitere Entwicklung von passenden Flächen für Gewerbe richten.

Geben Sie mal einen Einblick.
Die vorhandenen Gewerbegebietsangebote in allen Mitgliedsgemeinden sind endlich. Wichtig ist aber, vorhandenen Firmen Entwicklungspotenziale und Pers­pektiven zu bieten, damit sie am Standort in unserer Samtgemeinde bleiben. Dies ist uns zum Glück in naher Vergangenheit auch immer gelungen. Interessant wird auch die zukünftige Entwicklung des ehemaligen Bundeswehrdepots in Itterbeck werden, ein Areal in einer Größe von circa 130 Hektar. Nachdem sich dort rund 20 Jahre keine Fortschritte in der Projektierung eines Ferien- und Freizeitparks ergeben haben, hat nun eine örtliche Investorengruppe das Gelände erworben und möchte es in einem Dreiklang aus Gewerbe, Erneuerbare Energien und Naturschutz entwickeln. Eine Herausforderung, die wir als Samtgemeinde sehr gerne mit unterstützen, wo wir nur können.  

Welche Rolle spielt der Faktor Tourismus für den Wirtschaftsstandort Uelsen?
Die Samtgemeinde Uelsen ist eine Tourismusdestination, auch wenn wir keine hochprädikatisierte Urlaubsregion sind, sondern „nur“ staatlich anerkannter Erholungsort. Wir haben hier viele Übernachtungsmöglichkeiten, wie etwa die drei größeren Campingplätze oder den Wohnmobilstellplatz in der Kerngemeinde. Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass verstärkt eine Entwicklung zum Tagestourismus und Kurzurlaub zu erkennen ist. Gerade auch für diese Gäste sind ein gastronomisches Angebot und eine Einzelhandelsstruktur zum „Bummeln“ wichtig. Der Tourismus ist eine klassische Querschnittsbranche. Gastgewerbe, Einzelhandel und Dienstleister profitieren von auswärtigen Gästen. Darum bedingen sich Tourismus, Wirtschaftsentwicklung und auch Ortskernbelebung gegenseitig. Dass wir den Tourismus verstärkt im Blick haben, wird auch durch unser Angebot mit der Tourist-Informationen deutlich, bei der wir kürzlich auch noch einmal das Stundenkontingent ausgebaut haben. An der Nachfrage dort merken wir, dass der Bedarf nach Naherholung zugenommen hat. Den Touristen muss aber auch ein Programm geboten werden. Neben den vielen Festen im Jahresverlauf haben wir deshalb zusätzlich weitere Formate entwickelt, wie exemplarisch den „Uelser Musiksommer“: Freiluftkonzerte verschiedenen Genres an acht Terminen, umsonst und draußen. 
 
Welche Stimmung nehmen Sie aktuell bei den Unternehmen in der Samtgemeinde wahr?
In unserer Samtgemeinde haben wir neben vielen landwirtschaftlichen Betrieben in den einzelnen Mitgliedsgemeinden etliche Unternehmen, die dem vor- oder nachgelagerten landwirtschaftlichen Umfeld zuzuordnen sind oder dem großen Bereich des Bausektors. Beide Branchen hatten in den vergangenen Jahren mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen, sodass die Stimmung durchwachsen ist. Aktuell steigt allerdings die Nachfrage nach Gewerbeflächen wieder leicht, sodass Firmen wieder investieren. Wir merken das in Uelsen, wo allein drei Unternehmen nur auf ihre Baugenehmigung warten, um endlich mit dem Bau starten zu können. Und auch durch die Änderung in der niedersächsischen Bauordnung, nach der das Bauen leichter, schneller und günstiger werden soll, steigt verhalten die Hoffnung, dass auch die Bauwirtschaft mit ihren einzelnen Gewerken wieder angekurbelt wird.  

Was sind die größten Herausforderungen, mit denen sich die Unternehmen zurzeit beschäftigen?
Insgesamt waren die vergangenen Jahre für Unternehmen nicht einfach. Der Fachkräftemangel schlägt in allen Wirtschaftsbereichen voll durch. Viele Unternehmen suchen nach wie vor händeringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch bei uns in der Samtgemeinde können zum Ausbildungsbeginn dieses Jahres nicht alle Plätze besetzt werden. Aber auch die Digitalisierung ist weiter ein Thema. Schnelles Internet wurde in vielen Bereichen ausgebaut, aber im Mobilfunkausbau muss noch einiges passieren, gerade in unserem ländlich strukturierten Gebiet. Wir sind bei dem Thema im engen Austausch mit der Wirtschaftsförderung des Landkreises und hoffen, durch zwei weitere Mobilfunkmasten in unserem Gemeindegebiet auf Dauer diese Situation verbessern zu können. Und als drittes bildet generell die Transformation ein wichtiges Handlungsfeld vieler Unternehmen. 

In Uelsen wurden im vergangenen Jahr viele Projekte für die Umgestaltung des Ortszentrums realisiert. Erzählen Sie doch mal … 
All diese Projekte haben die „gute Stube“ Uelsens belebt. In dem Bereich zentriert sich Gastronomie, dort liegt die Haltestelle des Fietsenbusses und auch unsere Tourist-Info ist an der Stelle angesiedelt. Wir konnten 2023 – auch mithilfe erheblicher Fördergelder aus verschiedenen Fördertöpfen – den Ortskern umgestalten, der mittlerweile auch durch die unterschiedlichsten Veranstaltungen mehr als seine Feuertaufe bestanden hat. Ziel war es, einen Ort zum Verweilen zu entwickeln, der allerdings auch für Veranstaltungen nutzbar ist. Dafür wurde eine Blockstufenanlage geschaffen, die sich auch als Bühne anbietet. Um mehr Raum zu schaffen und eine Beruhigung des Fahrzeugverkehrs zu erreichen, wurde die Bushaltestellensituation verändert und dabei gleich barrierefrei ausgebaut. Optisch wurde der Platz durch eine neue Pflasterung und ein Wasserspiel aufgewertet. Sitzmöglichkeiten wurden im Ortskern verbaut und mit verschiedenen Anpflanzungen und großen Blumenkübeln haben wir mehr „Grün“ ins Zentrum gebracht und zudem mit einer neuen einheitlichen und sparsameren Straßenbeleuchtung eine bessere und angenehmerer Ausleuchtung in den Straßenzügen rund um die Kirche geschaffen. Als weiterer Schritt wurde eine Verbindungsstiege neu gepflastert, sodass eine Angleichung an den ortsüblichen Klinker erfolgte, und die Entwässerung in dem Bereich wurde neu geregelt. Aber damit ist die Umgestaltung längst noch nicht abgeschlossen.

 

Was haben Sie noch vor?
Als nächstes wird es im gesamten innerörtlichen Bereich verstärkt um die Radwegeführung gehen. Gerade bei dem Thema der individuellen Mobilität spielt die „Fietse“ eine übergeordnete Rolle und rückt immer mehr in den Fokus. Darum haben wir ein Radverkehrskonzept erstellen lassen, nach dem sich gerade an zwei Ortsausfahrten schon zwei Radwege im Bau befinden.  
 
Auch an einer anderen Stelle in Uelsen laufen aktuell die Bauarbeiten: Zurzeit entsteht das Baugebiet „Westlich Kampschott“ mit 40 Bauplätzen. Wie läuft die Vermarktung?
Wir spüren unverändert den großen Wunsch vieler Einwohnerinnen und Einwohner nach Wohneigentum und zur Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes gehören auch Wohnangebote dazu. Zur Wahrheit gehört allerdings aktuell, dass die Vermarktung der Bauflächen momentan noch etwas schleppend verläuft. Ganz im Gegenteil zur Vermarktung unseres letzten Baugebietes in Uelsen, die innerhalb kürzester Zeit abgeschlossen war, sodass nunmehr der Endausbau der Straße erfolgt.

Woran liegt das?
Momentan schlägt die allgemeine Zinsentwicklung auf die Vermarktung von Wohnbauflächen durch. Geld ist aktuell nur relativ teuer zu bekommen. Hinzu kommt ein Verkaufswert von 145 Euro pro Quadratmeter. Dieser Betrag resultiert aus hohen Erschließungs- und Kompensationskosten sowie Ausgaben, die wir zuletzt noch für den Brandschutz in dem Gebiet „Westlich Kampschott“ durch den Bau einer Zisterne investieren mussten. Wir werden uns in den kommenden Monaten mit der Politik austauschen müssen, wie wir auch in diesem Gebiet den Wunsch nach den eigenen vier Wänden trotzdem ermöglichen können. Erste Überlegungen dazu gehen beispielsweise in Richtung Zulassung einer Reihenhausbebauung in bestimmten Bereichen.  

Wann kann es mit dem Bau der ersten Häuser losgehen?
Das Planungsrecht wurde geschaffen und alle erforderlichen Erschließungsarbeiten sind auch abgeschlossen, sodass die Grundstücke am Markt verfügbar sind. Es kann sofort nach Kauf des Grundstücks und Erteilung einer Baugenehmigung gestartet werden. Das erste Haus steht dort auch bereits. Für dieses Baugebiet haben wir aufgrund der energiepolitischen Entwicklungen keinen Gasanschluss mehr vorgesehen, sodass die Eigenheimbesitzer mit alternativen Energiequellen planen müssen. Allerdings hat man dort die Möglichkeit, zwischen zwei Glasfaseranbietern wählen zu können. 

Herr Bosch, lassen Sie uns zum Schluss einmal etwas hinter die Kulissen Ihres Amtes als Samtgemeindebürgermeister blicken. Sie beschäftigen sich jeden Tag mit vielen Themen und Menschen. Was tun Sie nach Feierabend, um davon einfach mal abzuschalten?
Mir macht das Amt des Bürgermeisters nach wie vor sehr viel Spaß. Und mir war auch durchaus bewusst, dass es einen richtigen Feierabend nicht stetig gibt, da man in vielen Situationen auch außerhalb des Rathauses und offiziellen Terminen von Bürgerinnen und Bürgern angesprochen wird. Ihnen liegt dann tatsächlich etwas auf dem Herzen und das muss behandelt werden. Das bringt solch ein Amt einfach mit sich. Nichtsdestotrotz bin ich auch ein Familienmensch. Abschalten kann ich sehr gut bei Unternehmungen, wie zum Beispiel Fahrradtouren, mit meiner Frau oder auch bei abendlichen Telefonaten mit meinen Kindern. Den Kopf frei bekomme ich hobbymäßig auch bei dem ein oder anderen Tennismatch oder beim Lesen eines Krimis.

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